Berlin Armenhilfe im 400-PS-Maserati

(RP). Der Chef der Berliner Treberhilfe, Harald Ehlert, mag die Provokation, er nennt sich "Sozialkapitalist", hantiert mit Millionen, doch nicht nur dem Diakonischen Werk geht sein Dienst-Luxuswagen mit Chauffeur jetzt zu weit.

 Treberhilfe-Chef Harald Ehlert.

Treberhilfe-Chef Harald Ehlert.

Foto: ddp

Der Mann investiert Millionen, kümmert sich um 30 florierende Projekte, ist Chef von 280 Mitarbeitern, die Tausende von Kunden betreuen — warum soll er sich da nicht von einem seiner zwei Chauffeure im firmeneigenen Maserati zu seinen vielen Terminen kutschieren lassen? Tatsächlich findet Geschäftsführer Harald Ehlert nichts dabei. Doch seine GmbH hat das Beiwort "gemeinnützig" und ist die auch von Spenden finanzierte Berliner Treberhilfe.

Demnächst also Essen auf Rädern im Rolls Royce? Fixerstuben im Ferrari? Und Lamborghinis als Grundausstattung für jeden ordentlichen Hartz-IV-Haushalt? Was bestenfalls zynisch klingt, ist für den ehemaligen SPD-Politiker absolut normal. Der Mann wohnt ja auch in einer wunderschönen Immobilie nahe Berlin — zur Miete, wie er betont, denn tatsächlich handele es sich um eine Fortbildungsakademie für Sozialarbeiter.

Obdachlosenhelfer als "Sozialkapitalist"?

Der Boss der Berliner Obdachlosenhelfer mag den forschen, auch provokanten Auftritt. Er ist von seiner Mission überzeugt, Sozialwirtschaft als ganz normale, profitable Branche zu etablieren. "Sozialkapitalist" nennt der 47-jährige Bart- und Hutträger sich gerne. Gerade hat er mit der Kienbaum-Unternehmensberatung die Rechnung vorgelegt, wonach die Treberhilfe 15 Prozent "social profit" für den Steuerzahler erwirtschafte: 12,2 Millionen Euro habe die öffentliche Hand der GmbH im Jahr 2008 überwiesen — und damit 14 Millionen Euro gespart, indem sie eben entsprechend weniger für Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Haft oder Krankenbehandlung zahlte.

Schmuddlige Bruchbuden sind nicht Ehlerts Fall. Er kauft Immobilien und baut sie für Obdachlose um, die er zurück in den Arbeitsmarkt zu holen versucht. Jüngst investierte er eine Million in die Villa "Lichtblick", damit obdachlose Frauen einen männerfreien Schutzraum haben. Und damit die Banken auch gerne Geld geben, die Hausbesitzer auf Augenhöhe verhandeln, braucht Ehlert nach seinem Verständnis ein repräsentatives Gefährt. Das nach Liste knapp 115.000 Euro teure Oberklassenmodell habe er günstig für unter 90.000 Euro bekommen. Ehlert: "Der Schwache braucht Hilfe, aber muss der, der Hilfe bringt, schwach daherkommen?"

Wie unbekümmert er mit dem Luxus ("wir haben auch noch einen 1er BMW") umgeht, lässt sich daran ablesen, dass er den Maserati selbst in die Schlagzeilen brachte. Er wollte die Treberhilfe kein Fahrtenbuch führen lassen, nachdem der Maserati geblitzt worden war und sich der Fahrer nicht feststellen ließ, und provozierte einen Prozess.

Inzwischen denkt er nach. Die Diakonie distanziert sich scharf und hält auch einen Rausschmiss aus dem Verband für möglich. Daraufhin hält nun auch Ehlert eine Trennung vom Maserati für möglich. Der Zweck heilige zwar die Mittel, diese dürften aber nicht den Zweck zerstören.

Auch ohne Maserati wird Ehlert nicht in die mobile Obdachlosigkeit abstürzen. Privat fährt er Jaguar.

(RP)
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