Debatte Mütter wollen in der Öffentlichkeit stillen

Berlin · Die Facebook-Nutzerin Ashley Kaidel hat ein Foto von sich ins Netz gestellt, das sie beim Stillen zeigt - trotz abschätziger Blicke. Die Amerikanerin löste damit eine große Debatte aus.

 Auf dem Foto ist die Amerikanerin Ashley Kaidel mit ihrem Sohn an der Brust zu sehen. Nach eigener Aussage sieht sie darauf eine Frau außerhalb des Bildes an, die ihr einen abschätzigen Blick zuwirft. Auf Facebook erhielt sie für ihr Plädoyer, öffentlich stillen zu dürfen, viel Zuspruch.

Auf dem Foto ist die Amerikanerin Ashley Kaidel mit ihrem Sohn an der Brust zu sehen. Nach eigener Aussage sieht sie darauf eine Frau außerhalb des Bildes an, die ihr einen abschätzigen Blick zuwirft. Auf Facebook erhielt sie für ihr Plädoyer, öffentlich stillen zu dürfen, viel Zuspruch.

Foto: Screenshot

Mehrere Hunderttausend Internetnutzer wissen, dass Ashley Kaidel vor wenigen Tagen in einem Restaurant zu Mittag gegessen hat. Veröffentlicht hat die US-Amerikanerin auf ihrem Facebookprofil allerdings nicht ein Foto ihrer Mahlzeit, sondern eines von ihrer linken Brust. Daran saugt nämlich gerade ihr erst wenige Monate alter Sohn. Und dass sie ihn an einem öffentlichen Ort stillt, brachte ihr, so erzählt sie es, den abschätzigen Blick einer anderen Kundin ein.

Bei Facebook schreibt sie sich den Frust von der Seele. Ihr Foto hat das Unternehmen, anders als es sonst mit Fotos von nackten Brüsten umgeht, nicht gelöscht. "Wir sind der Meinung, dass Stillen etwas Natürliches und Schönes ist, und freuen uns, dass es den Müttern wichtig ist, diese Erfahrung mit anderen zu teilen", heißt es. Erst ein knappes Jahr ist diese Erkenntnis alt. Auch Kaidel plädiert in ihrem Post dafür, in der Öffentlichkeit stillen zu dürfen, ohne von ihren Mitmenschen verurteilt zu werden. Dabei erging es ihr noch deutlich besser als der US-Amerikanerin Conner Kendall.

Die hatte im Mai ein Foto von sich bei Facebook entdeckt, auf dem auch sie ihren Sohn in einem Restaurant stillt. Hochgeladen hatte es, schreibt sie, ein Vater, der mit seiner Tochter ein paar Tische entfernt gesessen hatte. Unter dem Bild habe er sich herablassend darüber geäußert, dass die Frau ihre Brüste in der Öffentlichkeit zeigt. Die Empörung im Netz war groß. Fast 100.000 Mal wurde Kendalls Antwort geteilt.

In Ländern wie etwa den USA und Großbritannien existiert ein Gesetz zum Schutz des Stillens in der Öffentlichkeit. Rechtlich haben sich die beiden Frauen also nichts zu Schulden kommen lassen. Auch in Deutschland ist das Stillen in der Öffentlichkeit nicht verboten, "aber unerwünscht", sagt ein Sprecher des Deutschen Hebammen Verbands in Berlin. Dabei würden bis zu 90 Prozent aller deutschen Neugeborenen von ihren Müttern in den ersten Monaten gestillt. Es gibt genügend Gründe, die dafür sprechen: So soll Muttermilch die Kinder vor Infektionen, späterem Übergewicht und vielen Erkrankungen schützen. Und auch Mütter sollen gesundheitlich davon profitieren, "denn das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Brustkrebs, Eierstockkrebs, Depressionen und Osteoporose zu erkranken, sinkt mit der Stilldauer", heißt es beim Hebammen Verband.

Doch auch der Sprecher weiß, dass das romantische Bild stillender Mütter in enger Verbundenheit mit dem Kind in der Realität häufig verblasst. "Wir hören immer wieder, dass Mütter deswegen aus Restaurants geworfen werden", sagt er. Er selber bekam mit, wie eine stillende Frau von Fremden beschimpft wurde. "Dabei ist das etwas vollkommen Natürliches", sagt der Sprecher. Negative Rückmeldungen seien mit dafür verantwortlich, dass gerade junge Mütter immer häufiger zu Hause stillen würden.

Auch an anderer Stelle schlägt sich diese Diskussion nieder: Es entstehen immer mehr Eltern-Kind-Cafés. Yeter Yildiz betreibt genau so eins in Essen-Rüttenscheid. "Anna & Kuckuck" heißt es. "Bei mir dürfen die Mütter beim Stillen auch gerne beide Brüste auspacken", sagt sie und lacht. "Hier stört es keinen." Doch die 38-Jährige hat außerhalb ihres Cafés auch negative Erfahrungen mit Eltern gemacht. "Manche Mütter sind unverschämt und denken, dass sie alles dürfen", sagt sie. Es gebe jene, die ihre Brüste beim Stillen mit einem Tuch bedecken und sich abwenden und solche, die es geradezu darauf anlegen würden, beachtet zu werden. Sie sagt: "Stillt eure Kinder, aber macht es dezent."

Kaidel hat ihr Post große Aufmerksamkeit gebracht. Inzwischen hat sie sogar eine Facebook-Seite erstellt, auf der sich Mütter über das Stillen ihrer Kinder austauschen können. Innerhalb weniger Stunden hatte sie mehr als 1000 Fans.

(RP)
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