Wunsiedel Aus Neonazimarsch wird "unfreiwilliger Spendenlauf"

Wunsiedel · Jedes Jahr vor dem Volkstrauertag marschieren Neonazis durch Wunsiedel. Das oberfränkische Städtchen aber wehrt sich – in diesem Jahr mit einer gehörigen Portion Humor. Denn die Neonazis wurden auf den "unfreiwilligsten Spendenlauf Deutschlands" geschickt.

Wunsiedel: Aus Neonazimarsch wird "unfreiwilliger Spendenlauf"
Foto: Screenshot Youtube

Jedes Jahr vor dem Volkstrauertag marschieren Neonazis durch Wunsiedel. Das oberfränkische Städtchen aber wehrt sich — in diesem Jahr mit einer gehörigen Portion Humor. Denn die Neonazis wurden auf den "unfreiwilligsten Spendenlauf Deutschlands" geschickt.

Einst war in Wunsiedel der Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess beigesetzt worden, und dies hatten Neonazis Jahr für Jahr genutzt, um an dessen Todestag durch das Städtchen zu marschieren. Inzwischen sind diese Aufmärsche richterlich verboten worden, und auch die Grabstätte existiert nicht mehr. Doch am Tag vor dem Volkstrauertag marschieren die Rechtsextremen immer noch durch Wunsiedel. Sehr zum Unmut der Einwohner, die sich schon seit Jahren gegen diese Aufmärsche wehren.

In diesem Jahr haben sich daher Initiativen vor Ort etwas besonders Ausgefallenes ausgedacht, um den Rechtextremen die Stirn zu bieten — mit dem "unfreiwilligsten Spendenlauf Deutschlands". Die Idee: Für jeden Meter, den die Neonazis bei ihrem Marsch durch Wunsiedel zurücklegten, wurden zehn Euro gespendet — und zwar an das Aussteiger-Programm Exit. Die Initiative hilft seit dem Jahr 2000 Rechtsextremen, aus der Szene auszusteigen und neu zu beginnen.

Natürlich erfuhren die Neonazis von der Aktion erst vor Ort. So hängten die Organisatoren überall bunte Plakate auf mit Sprüchen wie "Spenden marsch!" oder "Wenn das der Führer wüsste!" Zudem wurden auf der Straße Markierungen angebracht, die zeigten, wie viele Meter schon zurückgelegt wurden und damit auch wie viel Geld zusammenkam. Im eigens für die Aktion eingestellten Youtube-Video heißt es denn auch: Wie es sich gehört, sorgten motivierende Plakate dafür, dass die Teilnehmer durchhalten."

Auch gab es einen Stand mit Bananen für die Rechtsextremen — eingerollt in einer Baderole mit der Aufschrift "Mein Mampf". Und am Ende konnten sie sogar eine Siegerurkunde mit nach Hause nehmen. Dokumentiert wurde das Ganze dann im Internet unter dem Motto "Rechts gegen Rechts". Und das kam an. Auf Twitter jedenfalls sind unter dem Hashtag #rechtsgegenrechts jede Menge begeisterte Kommentare zu finden.

"Schöne Idee!", "Grandiose Aktion!", "Der kreativste Protest des Jahres", war da etwa zu lesen. Oder auch: "#Lachen hilft oft mehr als ein #Pflasterstein", "Chapeau Wunsiedel!" und auch "#Wunsiedel hat Mut - und die Macht des Humors!"

Am Ende jedenfalls kamen 10.000 Euro für die Initiative Exit zusammen, die Förderer gespendet hatten. Und Wunsiedel hat einmal mehr bewiesen, dass es manchmal nur eine Idee braucht, um sich mit Erfolg gegen Neonazis zu wehren.

(das)
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