Unterschlagung Gericht bestätigt Bewährungsstrafe für "Barbarenschatz"-Finder

Frankenthal · Betretende Gesichter beim Finder des "Barbarenschatzes" und seinen Anhängern. Am Montag muss sich der jugendlich wirkende Mann vor dem Landgericht Frankenthal zum zweiten Mal von der Hoffnung verabschieden, vom Vorwurf der Unterschlagung freigesprochen zu werden.

Schatzsucher findet millionenschweren "Barbarenschatz" in Rheinland-Pfalz
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Das Gericht verringert zwar eine vom Amtsgericht Speyer verhängte Bewährungsstrafe, bestätigt ansonsten aber weitgehend dessen Urteil vom vergangenen Jahr. Die Vorsitzende Richterin Iris Blankenhorn erklärt mit einem englischen Sprichwort, weshalb die Kammer von einer Unterschlagung ausgeht. "Es läuft wie eine Ente, es redet wie eine Ente, es ist eine Ente", sagt sie im Gerichtssaal, in dem auch zahlreiche Anhänger des Angeklagten sitzen.

Der 24-Jährige zeigt sich enttäuscht. "Damit wird ein Schatzfinder in Deutschland bestraft, der seine Funde abgegeben hat", sagt er. Er hätte es auch anders machen können.

Für das Landgericht ist der Kurs des 24-Jährigen jedoch nicht so eindeutig, wie er und seine Anwälte es darstellten. Unstreitig ist, dass der gelernte Einzelhandelskaufmann und begeisterte Sondengänger im Mai 2013 nahe Rülzheim in der Südpfalz bei einer nicht genehmigten Suche auf den etwa 100 Teile umfassenden Schatz stieß. Der stammt aus der Spätantike und wird von Archäologen unter anderem wegen eines dazugehörenden Klappstuhls als einmalig bezeichnet.

"Ich wollte nicht als Dummerchen dastehen"

Der 24-Jährige hatte nach eigenen Angaben zunächst nicht erkannt, um was es sich handelte, reinigte den Schatz und versteckte ihn bei einem Bekannten - angeblich aus Angst vor Einbrechern. Warum gab er ihn nicht gleich ab? Er habe erst klären wollen, was er vor sich habe, sagt er im Prozess. "Ich wollte nicht als Dummerchen dastehen."

Im September 2013 durchsucht die Polizei das Zimmer des Mannes, der über andere Suchaktionen und Funde im Internet berichtet und deshalb die Aufmerksamkeit erregt hat. Den "Barbarenschatz" entdecken sie dort nicht. Auf Anraten der Polizei setzt er sich dennoch mit den Archäologen in Verbindung und präsentiert diesen Mitte Dezember 2013 einige Funde samt dazugehöriger Liste. Auch da ist von dem großen Schatz nicht die Rede. Auf die Frage einer Archäologin, ob er noch etwas hat, sagt er: nur "Mittelalterschrott".

Weil die Expertin auch den sehen will, wird ein weiteres Treffen für den 28. Januar 2014 verabredet. Als am 20. Dezember 2013 Polizisten bei einer Durchsuchung bei Freunden des Mannes Fotos vom Schatz in die Hände fallen, schrillen bei diesen die Alarmglocken. Sie informieren den 24-Jährigen, der noch am selben Tag überraschend die Archäologin anruft.

Er sei in sich gegangen, wolle ein Guter werden und mit den Archäologen zusammenarbeiten, gibt die Frau am Montag den Inhalt des Gesprächs wieder. Er wolle etwas abgeben, "mir würden ganz bestimmt die Augen aus dem Kopf fallen". Später liefert er mit seiner Mutter in zwei Kisten die eingewickelten Funde ab. "Er war sehr stolz, sehr begeistert von seinem Fund", erinnert sich die Expertin. Und: "Er kennt sich sehr gut aus in der Materie." Sie selbst sei weniger begeistert gewesen, da er mit seiner Grabung wichtige Spuren im Boden zerstört habe.

Die Anwälte des Mannes fordern Freispruch. Es handele sich ganz klar um einen Rücktritt vom Versuch der Unterschlagung, sagt Anwalt Bernd Lütz-Binder. "Er hat der Gesellschaft genutzt", so sein Kollege Markus Menzendorff. Der 24-Jährige habe dem Land mit dem "Jahrhundertfund" einen Zuschauermagneten beschert. Und: Ohne ihn hätte nie jemand den Schatz gefunden.

Richterin Blankenhorn verweist jedoch auf den Besuch bei der Archäologin am 16. Dezember, bei der er andere Funde samt Liste abgegeben, den spektakulären Fund aber verschwiegen habe. Damit sei die Unterschlagung "für die Kammer objektivierbar und unzweideutig". "Spätestens als die Liste vorbereitet wurde, war die Schwelle überschritten", sagt sie. "Da ist auch nicht mehr von einem Versuch zu sprechen", sagt sie. Eine spontane Tat schließt sie aus, denn die Liste habe er ja zu Hause vorbereitet.

Der 24-Jährige, der sich unterdessen mit einem Versandhandel zum Thema Sondensuche selbstständig gemacht hat, hat dennoch Grund sich zu freuen. "Mir ist niemals der Profit wichtig gewesen, sondern der Ruhm", beteuert der Mann, der nach Angaben seines Verteidigers eine "hochnarzisstische Persönlichkeit" ist. Später wolle er seinem Kind einmal sagen, dass er einen Schatz gefunden habe, der im Museum liegt. "Und ein Kind bekomme ich ja bald", sagt er im Prozess mit Blick auf seine Freundin im Publikum.

(felt/dpa)
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