Buback-Mord wird aufgerollt Becker verweigert vor Gericht die Aussage

Karlsruhe (RPO). Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker hat zum Auftakt des Prozesses um den Mordanschlag auf den früheren Generalbundesanwalt Siegfried Buback die Aussage verweigert. Einer ihrer Anwälte sagte am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, seine Mandantin wolle nach den Angaben zur Person keine weiteren Angaben machen.

Buback-Mord wird aufgerollt: Becker verweigert vor Gericht die Aussage
Foto: POLIZEI, AP

Der Vorsitzende Richter Hermann Wieland verlas Notizen von Becker, die sie am Jahrestag der Ermordung Bubacks im Jahr 2008 geschrieben hatte. Sie habe überlegt, ob sie für Buback beten solle; die "Zeit für Reue und Schuld ist noch nicht da", es sei "noch ein weiter Weg", zitierte Wieland aus den Notizen.

Die Bundesanwaltschaft wirft der 58-jährigen Angeklagten vor, an der Ermordung Bubacks und seiner zwei Begleiter am 7. April 1977 beteiligt gewesen zu sein. Laut Anklage soll Becker maßgeblich an der Entscheidung für den Mordanschlag, an dessen Planung und der Verbreitung der Bekennerschreiben mitgewirkt haben. Bei dem gemeinschaftlich begangenen Mord sei sie "Mittäterin" gewesen.

Dass Becker es war, die damals auf den Generalbundesanwalt und seine beiden Begleiter geschossen hat, glaubt die Bundesanwaltschaft allerdings nicht. Michael Buback, Sohn des Ermordeten, dagegen schon. Das will er beweisen und tritt deshalb als Nebenkläger auf.

Der äußere Ablauf des Mordanschlags ist klar: An jenem 7. April fuhren in Karlsruhe zwei vermummte RAF-Terroristen auf einem Motorrad neben Bubacks Dienstwagen, der an einer Ampel gehalten hatte. Der Täter auf dem Sozius feuerte dann mit einem automatischen Gewehr aus nächster Nähe durch das rechte Seitenfenster in das Wageninnere. Buback und sein Fahrer Wolfgang Göber waren sofort tot. Ihr Begleiter Georg Wurster starb wenige Tage später.

Wegen Mittäterschaft verurteilt

Zwar wurden 1980 Knut Folkerts und 1985 Brigitte Mohnhaupt sowie Christian Klar wegen Mittäterschaft an dem Anschlag verurteilt. Doch wer damals geschossen und wer das Motorrad gefahren hatte, blieb unklar. Der Fall geriet schließlich in Vergessenheit, bis sich 2007 der schillernde RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock in den Medien äußerte und Michael Buback daraufhin eine Wiederaufnahme der Ermittlungen auch gegen Becker erreichte.

Die heute 58-Jährige war zwar seit 1977 verdächtig, weil sie bei ihrer gemeinsamen Festnahme mit Günter Sonnenberg die Mord-Waffe mit sich führte. Das Ermittlungsverfahren gegen sie verlief 1980 aber im Sande: Haare, die an einem beim Anschlag benutzen Motorradhelm gefunden wurden, stammten nicht von Becker. Zudem konnten Sekretspuren an einer Motorradjacke, einem Helm und Handschuhen damals der Blutgruppe A zugeordnet werden, Becker hat jedoch Blutgruppe B.

Erneute DNA-Untersuchungen im Jahr 2008 bestätigten endgültig, dass Becker nicht die Verursacherin der Spuren war. Mit den modernen Nachweismethoden fanden die Kriminaltechniker allerdings DNA-Spuren Beckers an den damaligen Bekennerschreiben der RAF. Dies und die Aussagen Boocks, Becker sei bei den Anschlagsvorbereitungen eine treibende Kraft gewesen, reichten der Bundesanwaltschaft aus, Anklage gegen die Hartz-IV-Empfängerin zu erheben.

Buback hält Becker für Mörderin

Michael Buback hält Becker dagegen für die Mörderin seines Vaters und will das nun mit Augenzeugen untermauern, die damals eine Frau auf dem Sozius des Motorrads gesehen haben wollen. Dass die Strafverfolger seiner Mordtheorie nicht folgen, liegt nach seiner Ansicht an der "schützenden Hand" der Behörden. Sie deckten Becker, weil sie früher mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet habe, glaubt der Chemieprofessor.

Die Bundesanwaltschaft verweist demgegenüber auf andere Zeugen, die nur Männer gesehen haben wollen. Die Spuren sprächen jedenfalls nicht für Becker. Wer der Mordschütze war, sei damit weiterhin offen. Und offen ist auch, ob Sonnenberg der Fahrer des von ihm gemieteten Motorrads war. Sonnenberg wurde im Fall Buback nicht angeklagt, weil er massiv an den Folgen eines Kopfschusses litt, den er bei Festnahme erhalten hatte.

Dass Becker nun ab Donnerstag ihr mögliches Wissen um den wahren Mörder preisgibt, ist kaum zu erwarten: Zwar soll sie Anfang der 80er Jahre dem Verfassungsschutz ihren Gesinnungsgenossen Stefan Wisnewski als Schützen genannt haben. Doch 2007 traf sich die einstige RAF-Chefin Monhaupt mit Becker in Mannheim, um das alte Schweigegelübde der RAF erneut zu besiegeln.

Schon zwölf Jahre Haft verbüßt

Für die Heilpraktikerin Becker geht es deshalb vielmehr um die Frage, ob ihr Mittäterschaft nachgewiesen werden kann oder ob das Verschließen von Briefumschlägen nur als weniger gewichtige Beihilfe gewertet wird. Dann käme sie mit einer eher kurzen Haftstrafe davon: Ihre bereits verbüßte zwölfjährige Haft wegen der Schüsse auf einen Polizisten bei ihrer Festnahme würde mildernd berücksichtigt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat 17 Verhandlungstage bis zum 21. Dezember angesetzt. Heute soll die Anklageschrift verlesen werden. Dass Becker aussagen wird, gilt als unwahrscheinlich.

(apd/AFP/nbe/das)
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