Grüne fordern Rücktritt Bischof wirft Medien Kirchenfeindlichkeit vor

Regensburg/München (RPO). Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller gerät wegen seiner umstrittenen Äußerungen zunehmend unter Druck. Er hatte den Medien wegen der Art ihrer Berichterstattung über Missbrauchsfälle eine "Kampagne gegen die Kirche" vorgeworfen und einen Vergleich zur NS-Zeit gezogen. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, zeigte sich entsetzt und sprach von "Geschichtsfälschung". Die bayerische Grünen-Landtagsfraktion forderte den Bischof zum Rücktritt auf.

 Regensburgs Bischof Gerhard Ludwig Müller ist mit Blick auf konfessionsverschiedene Ehen und ein gemeinsames Abendmahl gegen "pauschale Zugeständnisse, die lehrmäßig nicht in Ordnung sind".

Regensburgs Bischof Gerhard Ludwig Müller ist mit Blick auf konfessionsverschiedene Ehen und ein gemeinsames Abendmahl gegen "pauschale Zugeständnisse, die lehrmäßig nicht in Ordnung sind".

Foto: ddp, ddp

Laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks sagte der Bischof am Samstag bei einer Predigt im Regensburger Dom, den Medien gehe es darum, "heute die Glaubwürdigkeit der Kirche zur erschüttern". Müller habe die Berichterstattung in den Medien mit der kirchenfeindlichen Haltung des NS-Regimes verglichen. Der Bischof habe die Katholiken aufgerufen, der Kirche treu zu bleiben, "so wie auch damals die Katholiken und Katholikinnen treu gewesen sind, der Kirche Jesu Christi".

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, kritisierte den Bischof. "Ich gehe davon aus, dass Bischof Müller zu dieser Zeit noch nicht gelebt hat. Sonst hätte er so etwas nicht gesagt", sagte sie auf ddp-Anfrage und fügte hinzu: "Unglaublich, wie mit solchen Aussagen Geschichtsfälschung betrieben wird."

Der SPD-Fraktionschef in Bayern, Franz Maget, betonte mit Blick auf die derzeitige Missbrauchsdebatte, jeder Anschein, dass das Institut Kirche vor die Interessen der Betroffenen gestellt werde, füge der Kirche schweren Schaden zu. Diesen Vorwurfe müsse sich Müller nun gefallen lassen. Der Münchner SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann sagte, für die Opfer sei dieses "wehleidige Ablenkungsmanöver" ein "Tritt ins Gesicht". Sie hätten einen Anspruch auf Aufklärung der Verbrechen. "Mit verpesteten Nebelkerzen, wie Bischof Müller sie wirft, wird es nichts mit Aufklärung und Glaubwürdigkeit."

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der bayerischen Grünen-Fraktion, Ulrike Gote, sagte, Müller habe sich mit seiner Äußerung im Amt "untragbar gemacht". Durch seinen Vergleich mit der Nazizeit habe er die Missbrauchsopfer verhöhnt. "Der erschreckende Starrsinn des Regensburger Bischofs, sein Unvermögen, endlich das Mitgefühl mit den Opfern in den Mittelpunkt zu stellen und nicht um jeden Preis den Ruf der katholischen Amtskirche retten zu wollen, machen alle Bitten um Vergebung schal und unglaubwürdig."

Diözese dementiert

Unterdessen whrt sich die Diözese Regensburg gegen die Vorwürfe: Das sei eine "Falschmeldung" und eine "Ente", sagte Bistumssprecher Clemens Neck am Sonntag der Nachrichtenagentur ddp. Von einem NS-Vergleich zu sprechen, sei "an den Haaren herbeigezogen".

Der Bischof habe in einer Predigt zum 100-jährigen Bestehen des Katholischen Deutschen Frauenbundes in der Diözese am Samstag lediglich daran erinnert, dass die Frauen in einer großen Krisensituation 1941 gegen die menschenfeindliche Ideologie der Nationalsozialisten demonstriert hätten. Und er habe dazu aufgerufen, in ähnlicher Weise auch heute zum Glauben und zur Kirche zu stehen.

Missbrauch verurteilt

Das Bistum veröffentlichte am Wochenende ferner einen Hirtenbrief Müllers, in dem er den sexuellen Missbrauch von Kindern als "Todsünde" bezeichnet und zugleich die "medialen Angriffe" scharf kritisiert. Er verurteile den Versuch, die ganze katholische Kirche und ihre Einrichtungen in Misskredit zu bringen. "Solche, die um jeden Preis die katholische Kirche um ihren guten Ruf bringen wollen, haben sich die 'Regensburger Domspatzen' als Opfer ausgesucht." Ein "Glanzstück" des Bistums Regensburg solle in den Dreck gezogen werden.

Den Kindesmissbrauch durch Priester verurteilt der Bischof in dem Schreiben als einen "Vertrauensbruch im allerschlimmsten Sinn". Alle deutschen Bischöfe seien sich einig, dass sie eine ehrliche Aufklärung wollten, "frei von falscher Rücksichtnahme". Dazu gehöre auch die Unterstützung der Kirche bei der Verfolgung sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch die staatlichen Strafverfolgungsbehörden. "Die Opfer haben ein Recht darauf."

(DDP/ndi)
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