15000 Menschen evakuiert Bomben in Osnabrück entschärft und gesprengt

Osnabrück (RP). Um zwei Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg entschärfen und zwei weitere sprengen zu können, erlebte Osnabrück gestern die größte Massenevakuierung seiner Geschichte. Drei Kliniken und ein Seniorenheim wurden geräumt, Züge angehalten und eine Autobahn wurde gesperrt.

Bombenentschärfung in Osnabrück
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Bombenentschärfung in Osnabrück

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Auf den Knall haben 15 000 Menschen neun Stunden gewartet: Mit der Sprengung von zwei Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg endete gestern abend um 18.23 Uhr der spektakulärste Teil einer Kampfmittelräumung in der der Osnabrücker Weststadt. Rund 1600 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Hilfsdiensten waren seit den frühen Morgenstunden im Einsatz, darunter die komplette Polizei-Reiterstaffel des Landes Niedersachsen. Die Entschärfung der Bomben war monatelang vorbereitet worden, verlief dann jedoch ganz anders als geplant.

Entdeckt worden waren die Blindgänger in den Stadtteilen Westerberg und Weststadt bei der Auswertung von Luftbildern. Zunächst war der Kampfmittelräumdienst von fünf britischen Fünf-Zentner-Bomben ausgegangen. Zwei Blindgänger wurden in der Nähe einer Bahnlinie zwischen Osnabrück und Bramsche ausgemacht, zwei weitere mitten in einem Wohngebiet, in dem bis vor wenigen Monaten noch britische Soldaten mit ihren Familien lebten. Die fünfte vermeintliche Bombe erwies sich als Schrottablagerung. Die Evakuierung der beiden Stadtteile lief gestern morgen schleppend an, weil etliche Rettungskräfte aus Niedersachsen und NRW aufgrund von Schnee und Eis mit Verspätung in Osnabrück eingetroffen waren.

Schon am Freitag hatten drei Krankenhäuser mit der Evakuierung begonnen. Unter den 138 Patienten des Osnabrücker Klinikums, die in Krankenhäuser umliegender Städte gebracht wurden, befanden sich auch mehrere Intensivpatienten und elf Neugeborene. Vom ersten großen Abenteuer ihres Lebens bekamen die am 1. Weihnachtsfeiertag geborenen Drillinge Henrik, Juliane und Marieke gar nichts mit. Etliche TV-Teams filmten, als Schwester Dorothe die beiden schläfrigen Mädchen auf der Neugeborenen-Intensivstation in einen Inkubator legte, Brüderchen Henrik bekam einen eigenen für die kurze Reise mit den freundlichen Malteser-Helfern.

Da die Evakuierung frühzeitig angekündigt worden war, quartierten sich etliche Anwohner gestern offenbar bei Verwandten und Freunden ein. Nur rund 130 Evakuierte nutzten das städtische Angebot, den Tag in einer nahegelegenen Schule zu verbringen und die Entschärfungen abzuwarten. Während Hütehund "Paule" sich zu Füßen von Jürgen und Rosemarie Büning sichtlich langweilte und die kleine Fiorentina sich auf dem Schoß von Papa Gani Quallapeku eine Suppe mit Brötchen schmecken ließ, stießen die Kampfmittel-Experten auf unerwartete Probleme. Während sich die beiden Blindgänger an der Bahnlinie am Mittag problemlos entschärfen ließen, blieb für die beiden Bomben in der britischen Siedlung nur die Sprengung übrig. Während an einer Bombe der Zünder beim Aufschlag vor 60 Jahren offenbar so verformt wurde, dass er sich nicht mehr entschärfen ließ, verfügte die zweite Bombe über einen Säurezünder. Der Mechanismus sollte eine Explosion beim Aufschlag verhindern und die Bombe erst mit einer Verzögerung von gut einer Stunde zünden. Zur Sprengung gebe es keine Alternative, teilte die Feuerwehr schließlich mit.

Nur sieben Minuten nach der Sprengung um 18.23 Uhr gab die Polizei die gesperrten Stadtteile wieder frei und ließ die Bürger in ihre Wohnungen zurück. Die Sprengung hinterließ einen Krater mit einem Durchmesser von acht Metern. Trotz aufgeschichteten Dämmmaterials gingen in einer nahegelegenen Klinik die Scheiben zu Bruch, bei einigen Häusern flogen die Ziegel vom Dach. Welche Schäden die Detonation gestern abend noch angerichtet hat, wird sich erst heute abschließend beurteilen lassen. Zwei der früheren Briten-Häuser könnten durch die Sprengung möglicherweise so stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein, das man sie abreißen müsse.

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