650 Polizisten bundesweit im Einsatz Großrazzia im Fall manipulierter Spielautomaten

Kiel · Wegen Manipulation von Spielautomaten hat die Polizei bei einer Razzia in neun Bundesländern 114 Wohn- und Geschäftsräume durchsucht.

Bundesweite Großrazzia im Fall manipulierter Spielautomaten
Foto: dpa, Angelika Warmuth

Einer der Hauptverdächtigen wurde in Schleswig-Holstein auf Antrag der Staatsanwaltschaft in Haft genommen, wie das Landeskriminalamt (LKA) am Freitag in Kiel mitteilte. Bei dem Einsatz waren am Donnerstag 650 Polizisten beteiligt.

Zwei scharfe Schusswaffen seien in Schleswig-Holstein beschlagnahmt und außerdem umfangreiche Beweismittel in allen betroffenen Ländern sichergestellt worden. Die Polizei war in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Berlin und im Saarland im Einsatz.

Seit Jahren soll die Tätergruppe bundesweit agiert und sich "erhebliche Gewinne" damit verschafft haben, "dass sie in großem Umfang Geldspielautomaten eines namhaften Spielautomatenherstellers manipuliert hat". Um welchen Hersteller und welche Geräte-Modelle es sich handelt, wollte ein LKA-Sprecher nicht sagen. Es sei zurzeit auch unklar, wie viele Geräte genau betroffen seien.

Der Geräte-Hersteller Löwen Entertainment in Bingen teilte mit, nur durch die enge Zusammenarbeit des Unternehmens mit dem LKA Schleswig-Holstein sei "ein weiterer Schlag gegen die organisierte Kriminalität möglich" geworden. "Ähnlich wie bereits in anderen Fällen in der Vergangenheit war nur dort, wo Spielhallenbetreiber illegal mit dem Manipulateur kooperiert haben, die rechtswidrige Manipulation der Geldgewinnspielgeräte überhaupt möglich geworden."

Geräte des Unternehmens "mit dem aktuellen Softwarestand" seien von derartigen Manipulationsversuchen nicht betroffen. Die Firma äußerte sich nicht explizit dazu, ob Geräte mit älterer Software von Kriminellen manipuliert wurden.

Der in Kiel verhaftete Mann steht im Verdacht, eine auf dem internationalen Markt verfügbare Software gekauft, verändert und dann federführend an Automatenaufsteller und Spielhallenbetreiber in ganz Deutschland vertrieben zu haben, wie der Sprecher erläuterte.

Die Software lässt Geldautomaten den Ermittlungen zufolge weniger Gewinne an die Spieler auszahlen. Außerdem könne sie die Betriebsergebnisse der Geräte nach unten manipulieren. Dadurch sinke die Steuerhöhe des Spielautomatenaufstellers, hieß es. Zur Höhe der erzielten Gewinne machte das LKA zunächst keine Angaben: "Wir wissen es schlichtweg nicht und wollen nicht spekulieren."

Die Zulassung von Geldspielautomaten und die Gewinn- und Verlustmöglichkeiten sind in der vom Bundeswirtschaftsministerium erlassenen Spielverordnung geregelt. Über den Antrag auf Zulassung der Bauart eines Geräts entscheidet die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) mit dem Bundeskriminalamt.

Es müssen "Gewinne in solcher Höhe ausgezahlt werden, dass bei langfristiger Betrachtung kein höherer Betrag als 20 Euro je Stunde als Kasseninhalt verbleibt". Die Gewinnaussichten müssen zufällig sein und jedem Spieler die gleichen Chancen eröffnen. Die am Gerät dargestellten Gewinnaussichten dürfen "zu keinem Zeitpunkt einen festen Gegenwert von 300 Euro übersteigen". Außerdem muss die Möglichkeit bestehen, "sämtliche Einsätze, Gewinne und Kasseninhalte für steuerliche Erhebungen zu dokumentieren".

Es gebe leider viele schwarze Schafe in der Branche, sagte Christine Kroke, Sprecherin des Dachverbands Automatenwirtschaft in Berlin. "Insofern sind wir jedes Mal froh, wenn die Polizei durchgreift und kriminelle Machenschaften aufdeckt."

Die PTB in Braunschweig betonte, Geldspielautomaten würden von den örtlichen Ordnungsbehörden überprüft. Zusätzlich habe der Aufsteller der Geräte spätestens alle 24 Monate eine turnusmäßige überprüfung durch Sachverständige zu veranlassen.

(felt/dpa)
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