Atomkraft-Gegner so aktiv wie nie Castor-Transport bricht Rekorde

Danneberg/Gorleben (RPO). Der diesjährige Castor-Atommülltransport nach Gorleben bricht alle Rekorde. Um acht Uhr am Dienstagmorgen dauert der Transport, der Freitagnachmittag in Nordfrankreich begonnen hatte, bereits dreieinhalb Tage oder 90 Stunden. Damit ist der bisherige Höchststand aus dem Jahr 2008 von gut 79 Stunden bereits deutlich übertroffen.

Castoren erreichen Gorleben
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Bereits der Widerstand gegen den Schienentransport der Castoren zur Verladestation Dannenberg hatte Rekorde gebrochen. Mit einer Beteiligung von zeitweise bis zu 5000 Besetzern gab es nach Angaben des Sprechers der Initiative "ausgestrahlt", Jochen Stay, die bislang größte Sitzblockade auf Schienen bei einem Atommülltransport ins niedersächsische Gorleben. Insgesamt sei der Streckenabschnitt westlich von Hitzacker zudem rund 20 Stunden besetzt gewesen, ebenfalls ein Rekord.

Insgesamt 20.000 Polizisten sind seit Tagen im Einsatz und fahren teilweise Doppelschichten, um die von rund 50.000 Atomgegnern blockierten Zufahrtswege nach Gorleben frei zu räumen. Alleine 7000 Beamte der Bundespolizei unterstützen die Landeskollegen bei den rund 1000 vorläufigen Festnahmen.

Atomindustrie nicht an Kosten beteiligen

Das Land Niedersachsen bleibt auf den Kosten von 50 Millionen Euro sitzen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) lehnte eine Beteiligung der Atomindustrie an den Kosten für den Polizeieinsatz bei den Castor-Transporten ab. "Wir haben Kernenergie in der Vergangenheit genutzt und diese Folgen müssen wir heute tragen. Dafür zahlen wir Steuern", sagte Röttgen in der ARD-Talksendung "Beckmann" am Montagabend.

Nun wurde bekannt, dass die deutschen Steuerzahler Presseangaben zufolge laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in den letzten Jahrzehnten hohe Milliarden-Subventionen für die Kernenergie bezahlt haben. Demnach sind Subventionen in Höhe von etwas über 80 Milliarden Euro für die letzten fünf Jahrzehnte statistisch belegt.

Darunter fallen etwa Forschungssubventionen oder Steuervergünstigungen, sagte Claudia Kemfert, die beim DIW die Abteilung Energie leitet, der "Frankfurter Rundschau" (Dienstagausgabe). "Die Milliarden-Subventionen haben wir bereits bezahlt. Wenn wir die Kraftwerke sofort abschalten, ist dieses Geld endgültig versunken", warnte Kemfert.

Atommüll nach Russland

Die "Süddeutsche Zeitung" meldet unter Berufung auf Regierungskreise, dass die Bundesregierung drei Castor-Transporte mit Atommüll nach Russland plant. Noch im November solle ein entsprechendes Abkommen zwischen beiden Ländern unterzeichnet werden. Atommüll aus der einstigen DDR-Kernforschungsanlage Rossendorf solle in 18 Castoren aufgeteilt auf drei Transporte in den Atomkomplex Majak im Südural gebracht werden.Derzeit lagere der Müll im Zwischenlager Ahaus in Nordrhein-Westfalen.

Das deutsch-russische Abkommen sei unterschriftsreif verhandelt, berichtet das Blatt. Einen Zeitplan für die Transporte gebe es jedoch noch nicht. Die Ausfuhrgenehmigung stehe noch aus. Ziel sei es, "die Menge an hoch angereichertem Uran so weit wie möglich zu reduzieren", zitierte die Zeitung aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Grünen. Eine Entsorgung sei in Deutschland "wegen des in naher Zukunft nicht verfügbaren Endlagers für bestrahlte Brennelemente keine gangbare Option".

Über den aktuellen Stand der Proteste berichten wir im Live-Ticker.

(AFP/apd/nbe)
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