Der moderne Mann "Enteiert mir die Jungs nicht!"

Düsseldorf · Von Frauenquote über Jungsbeirat, von gendergerechten Lehrplänen bis zu Männer- und Frauengesundheit – endlich haben wir akzeptiert, dass Männer und Frauen sich nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich unterscheiden.

 Die Autorin (51, CSU) ist Bayerische Staatsministerin und Mutter einer Tochter und eines Sohnes.

Die Autorin (51, CSU) ist Bayerische Staatsministerin und Mutter einer Tochter und eines Sohnes.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Von Frauenquote über Jungsbeirat, von gendergerechten Lehrplänen bis zu Männer- und Frauengesundheit — endlich haben wir akzeptiert, dass Männer und Frauen sich nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich unterscheiden.

In der politischen Diskussion beschäftigen wir uns damit aber vorwiegend unter dem Blickwinkel der Benachteiligung der Frau und was man unternehmen muss, um diese zu beenden. Klar: Frauen haben die niedrigeren Renten, Frauenberufe werden geringer entlohnt, und in die Etagen von Macht und Geld muss man Frauen immer noch per Quote schieben. Jede Maßnahme, die geeignet ist, diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen und die Einseitigkeit unserer Rollenbilder aufzulösen, ist wichtig und richtig.

Eines darf uns aber im Überschwang des frauenpolitischen Mainstreams nicht passieren: Dass wir alles, was "typisch weiblich" ist, heroisieren, und das, was Männer ausmacht, verteufeln. Besonders in unseren Schulen gewinnen die Mädchen ja immer deutlicher: Wer lange stillsitzen kann, wer Aufgaben einfach macht, anstatt sie zu hinterfragen, wer die Gruppenharmonie ungern stört, anstatt den Wettbewerb um Positionen zu suchen, der hat in Schule und Ausbildung die Nase vorne. Dennoch wäre es falsch, die Jungs deshalb in die Problemecke zu stellen. Das, was Jungs gut können, die Lust am Wettbewerb um Status und Anführerschaft, das Kräftemessen und der eher marginal ausgeprägte Perfektionismus, verbunden mit der Gabe, sich von Kritik nicht sonderlich beeindrucken zu lassen, das sind hochwichtige Eigenschaften im Echtleben. Spätestens in den Etagen von Macht und Geld kommt das böse Erwachen, wenn die fleißigen Mädchen merken, dass derjenige, der in der Schule immer von ihnen abgeschrieben hat, plötzlich ihr Chef ist. Dann erkennen sie, dass gute Noten und Fleiß vielleicht den Einstieg erleichtern, aber für den Aufstieg andere Faktoren entscheidend sind.

Ich gebe zu, es gibt wenige Mütter, die den Rülpswettbewerben ihrer Söhne bei Tisch auch nur ein Minimum an Sinnhaftigkeit abgewinnen können, aber genauso würde es Vätern gehen, wenn die eigene Tochter stundenlang mit der besten Freundin telefoniert, obwohl die vorhin erst zu Besuch war.

Lasst uns begreifen, dass Väter eine hochwichtige Aufgabe in der Familie haben, aber eben eine ganz andere als Mütter. Organisieren wir Lernen so, dass auch Jungs abgeholt werden, indem es in der Kita neben dem Sitzkreis auch den Wettbewerb im Sackhüpfen oder Ballwerfen gibt und in Schulen neben der Lernstoffabfrage auch das Trainieren der freien Reden. Wenn frau sich nicht rechtzeitig bei den Männern die Lust an Statusverhalten und Eigenmarketing abschaut und die Fähigkeit, die Schläge, die man in der ersten Reihe bekommt, sportlich einzustecken, wird ihr auch die Quote nicht helfen. Solange wir am Ende doch immer den Manager im Sportwagen und Maßanzug heiraten, ist das Gemaule darüber, dass hierzulande Familienverantwortung zu wenig von Männern übernommen wird, unehrlich. Deshalb: Enteiert mir die Jungs nicht, sondern lasst uns von ihnen lernen!

Die Autorin (51, CSU) ist Bayerische Staatsministerin und Mutter einer Tochter und eines Sohnes.

Unser Special zum Vatertag:

(RP)
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