Interview mit Claus Kleber "Flüchtlingsproblem kann einem den Schlaf rauben"

Mainz · Claus Kleber hat lieber direkten Kontakt zu Interviewpartnern: Die kommen dann nicht so leicht davon, sagt der ZDF-Moderator. Den Zuschauern will er nicht nur Krisennachrichten zumuten, sondern dabei auch Lösungswege aufzeigen.

Claus Kleber vom "heute journal" im Porträt: Moderator, Journalist & Familienvater
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Das ist Claus Kleber

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Foto: picture alliance/dpa/Thomas Frey

ZDF-Moderator Claus Kleber (59) hält es angesichts der vielen Krisennachrichten für wichtig, den Zuschauern nicht nur Probleme zu zeigen. "Die Flüchtlingsproblematik kann einem schon den Schlaf rauben", sagte Kleber in einem dpa-Interview. "Es geht darum, den Zuschauern nicht nur etwas zuzumuten, sondern ihnen auch Ideen zu geben, wie Probleme angepackt werden können." Man müsse aber aufpassen, nicht nur "pädagogisches Positivfernsehen" zu veranstalten. Die Zuschauer erwarteten zu recht, dass die Nachrichten die Realität abbildeten. Kleber moderiert das ZDF-Nachrichtenmagazin "heute-journal" seit zwölf Jahren. Am 2. September wird er 60.

Sie waren vor dem Wechsel zum "heute-journal" zwölf Jahre lang ARD-Hörfunk- und Fernsehkorrespondent in Washington und zwei Jahre lang Leiter des ARD-Studios in London. Vermissen Sie es, regelmäßig Reporter zu sein?

Claus Kleber Da muss ich nichts vermissen. Ich habe ja das große Glück, dass ich weiter Reporter sein kann, für die Dokumentationen, die ich gemeinsam mit Angela Andersen mache. Ich bin von dem besten Job draußen zum besten Job drinnen gekommen, den man sich überhaupt vorstellen kann. Ein Riesenglück!

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Welche Interviewpartner waren Ihnen bisher die liebsten?

Kleber Ich wünsche mir Partner, bei denen ich das Gefühl habe, sie sind interessiert an meiner Frage und wollen weiterkommen in der Diskussion. Mit Bill Clinton und Colin Powell hatte ich Momente echter Auseinandersetzungen. Inzwischen kommt (Barack) Obama dazu, wobei Clinton und Powell besser waren. Bei Obama ging es um das heiße Eisen NSA-Affäre. Da hatte er sich eine Botschaft zurechtgelegt, die er 'rüberbringen wollte. Danach hat er sich aber doch noch genügend aus dem Konzept bringen lassen, um es zu einem interessanten Gespräch zu machen.

Kann man in der kurzen Zeit eines Interviews eine Verbindung zu einem Gesprächspartner aufbauen?

Kleber Wenn man sich gegenübersitzt: unbedingt. Über eine Satellitenverbindung ist das sehr viel schwieriger. Weil das ZDF die Nachrichten nun mal aus Mainz sendet, ist das für mich im "heute journal" aber die Regel. Die allermeisten Leute, mit denen ich hier spreche, Bundesminister zum Beispiel, habe ich nie oder fast noch nie persönlich getroffen. Da fehlt einem die Körpersprache, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Die Interviews mit Bill Clinton, Colin Powell, Präsident Obama, Hillary Clinton, auch Angela Merkel, waren wesentlich angenehmer. Die kommen auch nicht so leicht davon. Es ist leichter, in eine schwarze Linse seine vorgestanzten Antworten abzuliefern als in die Augen von einem Menschen, den sie sichtlich in dem Moment nicht erreichen. Die Zuschauer haben häufig das Gefühl, so jemand wie der Kleber redet regelmäßig mit Herrn Steinmeier, Frau Merkel und Herrn Schäuble darüber, wie man die Berichterstattung machen sollte. Das kommt überhaupt nicht infrage. Insofern hilft es auch, dass ich hier in Mainz diesen Sicherheitsabstand von 600 Kilometern nach Berlin habe. Das kann auch mal ein Stück Unabhängigkeit sein.

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Foto: dpa, rwe lof

Derzeit wird darüber debattiert, ob die Medien zu viele ausschließlich schlechte Nachrichten transportieren. Brauchen wir mehr positive Nachrichten?

Kleber Die Flüchtlingsproblematik kann einem schon den Schlaf rauben. Ich glaube, was man stärker betonen muss und was wir auch schon betonen, ist, dass es nicht nur Probleme gibt, sondern auch die Wege zur Lösung. Es geht darum, den Zuschauern nicht nur etwas zuzumuten, sondern ihnen auch Ideen zu geben, wie Probleme angepackt werden können. Man muss aber höllisch aufpassen, dass man nicht von oben herab pädagogisches Positivfernsehen veranstaltet. Das würden die Zuschauer sofort merken und ablehnen. Sie erwarten zu recht, dass die Nachrichten ihnen die Realität abbilden und nicht irgendwelche erzieherischen Konzepte umsetzen. Die Wahrheit ist immer zumutbar, hat Ingeborg Bachmann einmal weise formuliert.

(dpa)
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