Schmerzensgeld gefordert Contergan-Opfer demonstrieren in Berlin

Berlin · 50 Jahre nach dem Contergan-Skandal haben Geschädigte eine Aufstockung der Ausgleichszahlungen und Schmerzensgeld von der Herstellerfirma Grünenthal gefordert. Rund 200 Menschen nahmen an einer Demonstration in Berlin teil, bei der eine entsprechende Petition im Bundeskanzleramt abgegeben wurde.

 Contergan-Opfer demonstrierten in Berlin.

Contergan-Opfer demonstrierten in Berlin.

Foto: dapd, Adam Berry

Das Schlafmittel war am 27. November 1961 vom Markt genommen worden. Tausende schwangere Frauen hatten damals nach Einnahme des als ungefährlich angepriesenen Mittels Kinder mit Fehlbildungen zur Welt gebracht.

Die Protestaktion in Berlin unter dem Motto "5 vor 12" verlief ohne Zwischenfälle, wie die Polizei mitteilte. Eingeladen worden waren auch Contergan-Opfer aus dem Ausland. Weltweit leben von den rund 5.000 Opfern noch schätzungsweise 2.800 Betroffene, davon 2.400 in Deutschland.

Der Vorsitzende des Hilfswerks für Contergan-Geschädigte in Hamburg, Gernot Stracke, bezeichnete es als "unerträglich", dass Menschen, die wie er selbst tägliche Hilfe beim An- und Ausziehen, bei der Arbeit oder beim Toilettengang bräuchten, vor den Behörden als "soziale Bittsteller" dastünden. Dagegen habe das Unternehmen, das den Schaden verursacht habe, bis heute keine Entschädigung nach zivilrechtlichen Maßstäben geleistet, sagte er im Deutschlandradio Kultur.

Die Contergan-Renten deckten den tatsächlichen Bedarf vieler Betroffener nicht ab, kritisierte er. Nach seinen Angaben erhalten Geschädigte derzeit eine monatliche Ausgleichszahlung der Conterganstiftung von etwa 300 bis maximal 1.127 Euro. Bis 2008 habe der Höchstbetrag etwa 540 Euro betragen. Erst nach der Ausstrahlung des WDR-Films "Eine einzige Tablette" seien die Zahlungen durch den Bund und Grünenthal erhöht worden.

Für immaterielle Schäden müsse das Unternehmen Schmerzensgeld zahlen, forderte Stracke. "Wie wollen Sie wiedergutmachen, wenn jemand nicht in der Lage ist, Kinder zu kriegen? Wenn er nicht die freie Berufswahl hatte wie andere?" Es müsse ein Exempel statuiert werden, "dass eben nicht immer nur Gewinne von Unternehmen eingestrichen werden und der Schaden letztlich auf den Steuerzahler abgewälzt und sozialisiert werden".

(APD)
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