Interview: Jakub Frydrych "Crystal Meth ist ein Milliardengeschäft"

Der oberste Drogen-Polizist der Tschechei zur Rolle seines Landes beim Handel der Modedroge.

Düsseldorf Die Modedroge Crystal Meth ist in Nordrhein-Westfalen auf dem Vormarsch,Tschechien zählt zu den Hauptlieferanten, wie Colonel Jakub Frydrych berichtet.

Welche Rolle spielt Tschechien für den Markt der Droge Crystal Meth?

Frydrych Das Besondere an Tschechien ist der besonders hohe Absatz nach Deutschland. Die Banden, die früher mit Zigarettenschmuggel ihre Netzwerke ausgebaut haben, nutzen jetzt dieselben Netzwerke für die Verteilung von Crystal Meth.

Wer produziert die Droge?

Frydrych Der Crystal-Meth-Markt ist fest in vietnamesischer Hand. 2013 haben wir in der tschechischen Republik 260 Labore ausgehoben. Zehn davon waren Großlabore mit einer Produktion von mehreren Dutzend Kilo pro Tag. Die übrigen Küchenlabore produzierten ein paar Dutzend Gramm pro Tag.

Warum kontrollieren ausgerechnet Vietnamesen den Markt?

Frydrych Tschechien hat aus historischen Gründen eine der größten vietnamesischen Kolonien in Europa. Die Banden organisieren den örtlichen Verkauf über Straßenmärkte. 2010 erlebte die Szene einen zusätzlichen Schub, als ein Teil der vietnamesischen Subkultur, der sich früher auf Textilfälschung und Zigaretten spezialisiert hatte, sich plötzlich auf Marihuana für deutsche Konsumenten spezialisierte. Diese Gruppen haben dann auch den Verkauf von Crystal an Deutsche nochmals intensiviert.

Wie funktioniert der Handel?

Frydrych Die durchschnittliche Bande hat 20 Mitglieder. Sie organisiert autonom die Produktion und die Verteilung der Droge. Der Verkauf erfolgt auf zwei Ebenen. Der Kleinverkauf auf den Straßenmärkten erfolgt überwiegend an Deutsche. Der Großverkauf läuft über Kuriere, die mehrere Kilogramm im Auto, im Lkw oder im Luftgepäck über große Flughäfen ins deutsche Hinterland schmuggeln. Attraktiv für den Groß-Absatz sind Städte wie Düsseldorf, wo die Kaufkraft und die Anonymität groß sind. Vermutlich werden mehrere Hundert Kilo pro Jahr nach Deutschland verkauft.

Was verdienen die Drogenbanden?

Frydrych Die Herstellung kostet rund 6300 Euro pro Kilo. Deutsche Großkunden zahlen zwischen 13 000 und 16 600 Euro je Kilo. In der Tschechei zahlt ein deutscher Endverbraucher 40 Euro pro Gramm, in Deutschland zahlt der Endverbraucher im Schnitt 70 bis 120 Euro pro Gramm. Wir reden über ein Milliardengeschäft.

Die NRW-Grünen wollen Cannabis legalisieren. Was halten Sie davon?

Frydrych Das Langzeit-Experiment mit den Coffeeshops in den Niederlanden, wo die Droge legal verkauft wird, hat gezeigt: Für einen Teil der kriminellen Produktion ist das Geschäft dann nicht mehr attraktiv. Die Legalisierung von Cannabis kann den Drogenbanden Gewinne entziehen.

Also sind Sie für die Legalisierung von Cannabis?

Frydrych Nein, denn diesem Vorteil stehen wesentlich größere Risiken entgegen. Unsere Kultur hat schon genug mit den Folgen der legalen Drogen Alkohol und Tabak zu tun. Das, was heute als Marihuana verkauft wird, ist eine genetische Manipulation der ursprünglichen Pflanze und hat mit dieser nichts mehr zu tun. Diese Abart führt sehr oft zu erheblichen psychischen Schäden.

THOMAS REISENER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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