Tierquälerei in Betzdorf Das Protokoll einer Internet-Hetzjagd

Düsseldorf · Seit Tagen kursiert ein grausiges Video im Internet. Es zeigt einen 20-Jährigen, der brutal auf einen Welpen einschlägt. Inzwischen wurde bekannt, dass der Vierbeiner längst in Sicherheit und bei neuen Besitzern ist. Der Fall war der Polizei seit über drei Wochen bekannt. Warum das Video jetzt erst im Internet auftauchte und welche Auswirkungen es hat. Ein Protokoll.

 Ein Screenshot aus dem Video, das sich bei Facebook rasant verbreitete.

Ein Screenshot aus dem Video, das sich bei Facebook rasant verbreitete.

Foto: Facebook

Freitag, 7. März 2014: Das Tierquälervideo aus Betzdorf wird im Internet auf einer Facebook-Seite veröffentlicht und verbreitet sich rasant.

Die Kommentare auf der Seite "Die Todesstrafen für Tom Jan H.” eskalieren. Etliche Nutzer bedrohen den Tierquäler. "Mit dem Kerl ist es jetzt aus", schreiben User, ebenso "Der sollte sich jetzt lieber nicht rauswagen" oder "Ich hoffe für dich, dass du mal so richtig auf die Fresse bekommst — ich hoffe es nicht nur, ich bete drum". Innerhalb kürzester Zeit wird der junge Mann von 1000 Menschen beschimpft - das Video wird etwa 1000 Mal geteilt.

Die Polizei fürchtet um die Sicherheit des Mannes und rät ihm abzutauchen. Zudem steht das Telefon bei der Dienststelle in Betzdorf nicht mehr still. In einer Mitteilung teilt die Polizei mit, dass sehr viele Emails und Anrufe wegen des Falles eingegangen seien.

Samstag, 8. März 2014: Am nächsten Tag taucht auf einmal eine angebliche dpa-Pressemeldung auf der Facebook-Seite auf. Demnach sei der 20-Jährige in der Nacht mit einer Eisenstange überfallen und schwer verletzt worden und liege nun im Koma. Die Meldung entpuppt sich als Fälschung.

Später ist die Facebook-Seite unter dem Namen "Die Todesstrafen für Tom Jan H.” bereits nicht mehr zu finden.

Bei YouTube taucht ein Video von einem Rapper auf, der einen Song gegen den Tierquäler aus Betzdorf gemacht hat. Das Lied ist unterlegt mit O-Tönen aus dem brutalen Video.

Auch die Politik springt auf den Zug auf: Ein Politiker der "Alternative für Deutschland" beteiligt sich als AfD-Vertreter eifrig an der Diskussionen auf Facebook. Er sei für eine Verschärfung des Strafrechts bei Tierquälerei. Zuvor hatte auch der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner bei RTL gefordert, dass Tierquäler häufiger ins Gefängnis wandern.

Mehrere Online-Petitionen sammelten am Samstag Tausende Unterzeichner gegen Tierquälerei.

Montag, 17. Februar 2014: Zeitsprung. Bereits am 17. Februar hatte die Ex-Freundin des 20-Jährigen das Video bei WhatsApp zugeschickt bekommen. Die Frau benachrichtigte direkt die Polizei, die dem Mann den Hund noch am gleichen Tag abnahm und es in die Obhut einer Tierschutzvereinigung gab.

(rap)
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