Grausiger Kannibalismus-Fall in Sachsen Der Kriminalist mit dem bizzaren Doppelleben

Dresden · Es ist ein bizarrer, extremer Fall: Sachsens Polizei erschüttert ein grauenvolles Verbrechen eines eigenen Mitarbeiters. Unbemerkt führte ein 55 Jahre alter Kriminalhauptkommissar ein Doppelleben.

Grausiger Kannibalismus-Fall in Sachsen: Der Kriminalist mit dem bizzaren Doppelleben
Foto: dpa, Matthias Hiekel

Tagsüber half der Schriftsachverständige im Landeskriminalamt (LKA) bei der Aufklärung von Straftaten. Nach Feierabend chattete er in Internetforen, in denen sich Menschen mit Kannibalismus-Fantasien tummeln. Jetzt hat er nach eigener Aussage einen Mann getötet.

Seit Oktober hatte er dort Kontakt mit einem 59-Jährigen in Hannover. Der Geschäftsführer einer Unternehmensberatung träumte den Ermittlungen zufolge seit seiner Jugend davon, sich töten und aufessen zu lassen. Für seine makabre Fantasie fuhr er Anfang November quer durch Deutschland - ins beschauliche Osterzgebirge.

Mit dem bisher unauffälligen sächsischen Ermittler, einem Experten in Sachen Verbrechen, verwirklicht sich sein bizzarer Traum. Wie per Mail zuvor verabredet, zögert der 55-Jährige nicht lange. Es ist das erste persönliche Aufeinandertreffen der Männer, als sie von Dresden ins nahe der tschechischen Grenze gelegene Gimmlitztal fahren. Kurz nach der Ankunft in einem ehemaligen DDR-Ferienheim, das der Beamte als Pension betreibt und wo er wohnt, ersticht dieser seinen Gast mit einem Messer.

Leichenteile vergraben

Danach zerstückelt er dessen Leiche in teils sehr kleine Teile, zertrennt dabei auch Knochen, und vergräbt die Überreste an mehreren Stellen auf der Wiese hinter dem Haus. Das ganze dauert nach Angaben der Ermittler Stunden. Verspeist haben will der Mann Teile seines Bekannten aber nicht, bisher gibt es laut den Ermittlern auch keine Hinweise auf Kannibalismus. Auf dem gut 2000 Quadratmeter großen Grundstück zwischen Straße, Wald und Bach wird mit Leichenspürhunden noch immer nach Überresten des Opfers gesucht.

"Der erste Teil der gerichtsmedizinischen Untersuchung läuft", sagte Dresdens Polizeipräsident Dieter Kroll. Von den Funden zeugen große Löcher in der Wiese. In weiße Anzüge gehüllte Figuren graben an neuen Stellen, Kollegen der Spurensicherung räumen Äste von umgesägten Bäumen weg. Ihr früherer Kollegen habe ein Teilgeständnis abgelegt und die Tötung des Mannes eingeräumt, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Feron. Wo und wie genau das Geschehen auf dem weitläufigen Gelände und in dem Gebäude mit vielen Zimmern ablief, soll in den nächsten Tagen ergründet werden. "Wir stehen noch am Anfang."

Aussagen des Tatverdächtigen weisen laut Feron jedoch auf den Keller hin. Der 55-Jährige lebte und arbeitete danach knapp vier Wochen mit dem furchtbaren Geheimnis hinter seinem Haus, bis die Fahnder ihn anhand der Spuren des Opfers im Internet aufspürten. Bis am Mittwoch die Handschellen in seinem Büro klickten, war er ein ganz normaler Kollege. Landespolizeipräsident Rainer Kann zeigte sich erschüttert über das "erschreckend abartige Verbrechen".

Das Opfer hatte schon lange nach jemandem gesucht, um seine Fantasie in die Tat umzusetzen. Nach vielen Chats, Mails, SMS und Telefonaten stieg der Mann am 4. November in den Fernbus und Stunden später am Dresdner Hauptbahnhof ins Auto seines selbst gewählten Mörders. Die Bedingungen scheinen ideal: ein abgelegener Ort, die wegen Renovierung verwaiste Pension. Dass er nur den Wunsch des Opfers erfüllen wollte, glauben die Ermittler dem Tatverdächtigen nicht, wie Oberstaatsanwalt Feron sagt. Er erklärt: "Gegenüber lebenslänglich bei Mord bedeutet Tötung auf Verlangen sechs Monate bis fünf Jahre Haft."

(dpa)
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