Margot Käßmann zurückgetreten Der Nachfolger: Präses Schneider

Düsseldorf (RP). Wenn man nur nach den Zahlen urteilt, dann hat der rheinische Präses Nikolaus Schneider eine noch bessere Ausgangsposition als Margot Käßmann. Bei der Synode in Ulm erhielt Käßmann im Oktober als Kandidatin für den Ratsvorsitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 132 von 141 Stimmen, Schneider als Kandidat für den Posten des Stellvertreters 137.

Margot Käßmann zurückgetreten: Der Nachfolger: Präses Schneider
Foto: RP/ Krebs

Das ist eine Nebensache, zeigt aber eines: Das protestantische Kirchenparlament hat beide mit einem überwältigenden Vertrauensvorschuss bedacht.

Davon wird Schneider zehren können, wenn er nun mindestens für einige Monate kommissarisch die Geschäfte als EKD-Ratsvorsitzender führt. Seit 2003 ist er Präses der rheinischen Landeskirche, der mit knapp 2,9 Millionen Protestanten zweitstärksten der 22 Gliedkirchen der EKD. Schneider wurde 1947 in Duisburg als Sohn eines Stahlarbeiters geboren und wuchs dort auf. In Wuppertal, Göttingen und Münster studierte er Theologie, seit 1976 ist er Pfarrer.

Für die EKD ist mit ihm eher Kontinuität als Bruch zu erwarten: Schneider steht wie Käßmann für einen dezidiert politischen Protestantismus. Der rheinische Präses ist ausgewiesener Sozialethiker, was sich in seinem Werdegang widerspiegelt: 1976 bis 1984 Pfarrer in Rheinhausen und dort engagiert für die Arbeitsplätze im Stahlwerk, 1984 bis 1991 Diakonie-Pfarrer im Kirchenkreis Moers. Erst jüngst hat Schneider scharf die Steuersenkungspläne der Regierungskoalition kritisiert und Hilfen für finanzschwache Kommunen gefordert.

Noch in einer weiteren Hinsicht ist Schneider Käßmann ähnlich: Er hat eine Verbindung zwischen privatem und öffentlichem Leben hergestellt ­ 2005 starb seine jüngste Töchter Meike mit 22 Jahren an Leukämie. Schneider und seine Ehefrau Anne haben über diese persönliche Katastrophe ein Buch geschrieben und dort bekannt, der Tod des Kindes sei eine "Realitätsprobe auf manche Glaubensaussage gewesen". Für diese Frömmigkeit wird Schneider geschätzt, von manchen sogar bewundert.

Mit 62 Jahren ist Schneider eigentlich zu alt, um für volle sechs Jahre EKD-Chef zu werden. Außerdem ist er nicht nur Präses, sondern auch Aufsichtsratschef des Evangelischen Entwicklungsdienstes und Vorsitzender des Diakonischen Rates der EKD. "Ich arbeite an der Kapazitätsgrenze", sagte er gestern in Düsseldorf. Wahrscheinlich auch deshalb hat er, was seine Zukunft angeht, ausdrücklich auf die Entscheidung der Synode verwiesen. Vom Vertrauensvorschuss dürfte noch einiges übrig sein.

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