Magazin "Der Stern" "Der Sprachlosigkeit entgegenbrüllen"

Düsseldorf · Ungewöhnlich, dass ein Online-Nachrichtenportal einen Tag lang auf sein Kerngeschäft verzichtet. Stern.de schweigt, um auf das Leid in Syrien aufmerksam zu machen.

 Stern.de verzichtet am 7. Oktober 2016 auf Nachrichten und erinnert stattdessen an den Syrien-Krieg.

Stern.de verzichtet am 7. Oktober 2016 auf Nachrichten und erinnert stattdessen an den Syrien-Krieg.

Foto: Screenshot Stern

Die Internetseite des Magazins "Der Stern" gleicht heute einem schwarzen Loch: Es verschluckt alle Nachrichten, die über den Tag auflaufen. Die Startseite ist schwarz wie das Schweigen, schwarz wie der Feuerqualm im Bombenhagel von Aleppo und schwarz wie die verlorene Hoffnung auf rasche Hilfe für die Bevölkerung in Syrien.

"Wir Journalisten dürfen nicht sprachlos sein. Wir sollen beschreiben. Berichten. Analysieren. Doch je mehr wir unsere Pflicht ernst nehmen, umso mehr macht uns das Leid der Menschen in Aleppo und ganz Syrien sprachlos", schreibt die Stern.de-Redaktion auf der Startseite. Deswegen die Aktion.

Statt Nachrichten ist nur ein weißer Text auf schwarzem Grund zu sehen und Bilder aus dem Kriegsalltag in Syrien. Kein Blut, keine Wunden, keine Toten. Nur Staub, Trauer und Trümmer, dazwischen Menschen, die um ihre Existenz kämpfen. Auf den hinteren Seiten wird es dann wieder hell. Panorama, Politik und Wirtschaft bleiben sichtbar.

Die Nachrichtenjournalisten üben sich auch in Selbstkritik. Warum sie selbst nicht ausreichend über Syrien berichtet haben? Weil das Krisenland weit weg ist, sich die Bilder wiederholen und im Nachrichtenrauschen des Alltags untergehen, lautet ihre Erklärung.

"Heute geht es nicht um Reichweite, Klicks und effiziente Vermarktung. Heute geht es uns darum, ein Zeichen zu setzen. Stumm. Und so der unerträglichen Sprachlosigkeit entgegenzubrüllen — indem wir sie einfach einmal zulassen."

(heif)
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