Bahnprojekt "Stuttgart 21" Der Stuttgarter Schlossgarten ist geräumt

Stuttgart · Das Protest-Camp der Stuttgart-21-Gegner ist geräumt. Die Polizei drang am frühen Mittwochmorgen in das Lager im Schlossgarten ein und riegelte das Gelände in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs ab. 2000 Beamte waren im Einsatz. Es gab kaum Zwischenfälle.

"S21" - Die Polizei räumt das Protestcamp
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Die Bahn will in den kommenden Tagen mehr als 170 Bäume fällen oder verpflanzen lassen, damit der umstrittene unterirdische Bahnhof gebaut werden kann. Gegen 6.45 Uhr durchbrachen die Einsatzkräfte eine gut einen Meter hohe Barrikade aus Paletten und Müll. Mehrere Demonstranten, die auf Bäume geklettert waren, wurden heruntergeholt. Rund 50 Gegner des Bahnprojekts wurden von dem abgeriegelten Gelände neben dem Hauptbahnhof getragen, wo die Baugrube ausgehoben werden soll.

Eine Festnahme wegen Besitzes von Pyrotechnik

Polizeipräsident Thomas Züfle sagte, die Stimmung sei angespannt, aber nicht aggressiv gewesen. Ihm sei keine brenzlige Situation bekannt. Wegen Besitzes von Pyrotechnik habe es eine Festnahme gegeben. Zudem setzten einige Beamte laut Polizeisprecher Olef Petersen Schlagstöcke ein, als S21-Gegner partout nicht hätten zur Seite gehen wollen. "Aber das war wirklich sehr vereinzelt."

Mit Trillerpfeifen, Trommeln und Plakaten demonstrierten die S21-Kritiker. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und Schnee sollten Lagerfeuer Wärme spenden. Einige Menschen riefen "Unser Park!" und "Oben bleiben!". Sie sangen "Marmor, Stein und Eisen bricht" und den Protestsong "We shall overcome".

Gegen 3 Uhr hatte der Einsatz begonnen, als Polizisten entlang des Mittleren Schlossgartens rund 800 Meter Gitter aufstellten. Dort hielten sich zunächst etwa 1000 Demonstranten auf. Der erwartete massive Widerstand blieb aus: Viele verließen freiwillig das Gelände.

Nur noch wenige Aktivisten auf den Bäumen

Am Vormittag widersetzten sich nur noch wenige S21-Gegner der Räumung des Schlossgartens. In einem Zelt des Protestcamps hatten sich zwei Demonstranten angekettet und die Ketten einbetoniert. Mit Spezialgerät wurden sie von den Ketten befreit. Nach Angaben der Polizei harrten außerdem noch 13 Projektgegner auf 6 Bäumen aus.

Regierung und Polizei wollten eine Eskalation wie bei den Baumfällarbeiten am 30. September 2010 vermeiden: Damals hatte die Polizei Wasserwerfer und Pfefferspray eingesetzt; mehr als 100 Menschen wurden verletzt.

Züfle zeigte sich "äußerst zufrieden". Der Einsatz am Mittwoch sei viel friedlicher abgelaufen als bei einer Fällaktion im Januar.
Damals seien 70 Straftaten gezählt worden. Bei der Räumung des Schlossgartens habe man zunächst nur eine Straftat registriert.

Montagsdemos sollen weitergehen

Die S21-Gegner wollen ihren Protest gegen das Bahnprojekt fortsetzen. Die Montagsdemonstrationen sollen weitergehen, kündigte der Sprecher der "Parkschützer", Matthias von Herrmann, an. Mit dem Fällen der Bäume gehe zwar der "emotionale Aufhänger" für die Demonstrationen verloren, aber es gebe weiterhin viele ungeklärte Fragen.

Der grün-roten Landesregierung warf von Herrmann Wortbruch vor:
"Die Bürgerbeteiligung ist heute Nacht endgültig ad acta gelegt worden." Der Schlichterspruch habe vorgesehen, alle gesunden Bäume im Schlossgarten zu verpflanzen. Diesen Minimalkonsens habe die Landesregierung missachtet. "Wir werden den Protest erst dann aufgeben, wenn Stuttgart 21 beendet ist.", sagte er.

Das Projekt Stuttgart 21 umfasst eine unterirdische Durchgangsstation und die Anbindung an die geplante Schnellbahnstrecke nach Ulm. Die Bahn schätzt die Kosten auf rund 4,1 Milliarden Euro. Die Grünen und andere Projektgegner halten den Bahnhofsumbau für unnötig und rechnen mit einer Kostenexplosion. Seit der Volksabstimmung Ende November 2011, bei der sich die Befürworter durchsetzten, hat sich die Debatte etwas beruhigt.

(APD)
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