Düsseldorf Der Terrorplan der Düsseldorfer Zelle

Düsseldorf · Mit Halil S. wurde jetzt wohl dasjenige Mitglied der Al-Qaida-Zelle verhaftet, das für die Finanzierung der Aktivitäten zuständig war. Der mutmaßliche Terrorist soll nach der Verhaftung seiner drei Komplizen im April in Düsseldorf und Bochum die Pläne weiterverfolgt haben.

BKA nimmt mutmaßlichen Terroristen in Bochum fest
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BKA nimmt mutmaßlichen Terroristen in Bochum fest

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Die Festnahme von Halil S. in Bochum weckt Erinnerungen an den vergangenen April. Drei mutmaßliche Mitglieder von al Qaida waren damals in Düsseldorf und Bochum verhaftet worden. Sie sollen eine Düsseldorfer Terrorzelle gegründet und Anschläge geplant haben.

In der Landeshauptstadt sorgte das für große Unruhe — stand doch mit dem Eurovision Song Contest in der Esprit-Arena ein Großereignis mit Vertretern und Zuschauern aus ganz Europa ins Haus. Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), bezeichnete Veranstaltungen im Großraum Düsseldorf damals als "potenzielles Ziel".

Der jetzt in Bochum festgenommene 27-jährige Halil S. soll Mitglied der Zelle gewesen sein — und noch nach der Festnahme seiner Komplizen die Anschlagspläne weiterverfolgt haben. Halil S. sei für die Finanzierung der Pläne verantwortlich gewesen, heißt es. In diesem Zusammenhang ist gestern auch ein marokkanisches Geschäft in Düsseldorf durchsucht worden. Nachbarn berichteten, dass rund 20 Beamte von Polizei und BKA gegen 12.30 Uhr das Ladenlokal an der Querstraße im Düsseldorfer Stadtteil Oberbilk betreten hätten.

Der Einsatz soll rund drei Stunden gedauert haben. "Ich saß in einem Café gegenüber, als die Polizisten kamen", sagte ein Mann. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte unserer Zeitung eine Durchsuchung in Düsseldorf. Bundesweit wurden 16 Wohnungen und Geschäfte durchsucht, darunter die Wohnungen fünf weiterer Verdächtiger. Sie sollen zusammen mit Halil S. in Internetbetrügereien verwickelt sein, mit denen S. Geld für mögliche Anschläge beschaffen wollte. Die anderen Verdächtigen sollen aber nichts von den Anschlagsplänen gewusst haben. Ihnen sei es nur darum gegangen, sich "illegal zu bereichern", hieß es bei der Bundesanwaltschaft.

Das gestern durchsuchte Geschäft in Oberbilk liegt nur rund einen Kilometer von der Witzelstraße entfernt, wo Ende April die Terrorverdächtigen Abdeladim el K. (30) und Jamil S. (31) verhaftet worden waren. Das als "Klein-Marokko" bekannte Viertel war schon lange vor den Festnahmen im Blickpunkt des BKA. In den vergangenen Tagen sollen erneut Beamte des BKA in Oberbilk gewesen sein.

Abdeladim el K. war wohl der Kopf der Terrorzelle. Wie seine Komplizen Jamil S. und Amid C., der im April in Bochum verhaftet wurde, sitzt er seit mehr als sieben Monaten in Untersuchungshaft. Gegen el K. wurde bereits Anklage erhoben — allerdings nicht in Deutschland, sondern in den USA. Dort beschäftigt sich seit November ein Bundesgericht mit dem Mann in Abwesenheit, der für al Qaida Bombenanschläge geplant haben soll.

Dafür habe er sich in einem Lager an der pakistanisch-afghanischen Grenze ausbilden lassen. 2010 sei er dort im Umgang mit Waffen und Sprengstoff geschult worden, so die Informationen der Bundesanwaltschaft. Seit Mai des vergangenen Jahres suchte er offenbar für einen Anschlag in Deutschland nach Verbündeten.

Verhaftet wurde die Gruppe zwei Wochen vor dem Eurovision Song Contest. Auch deshalb waren die Befürchtungen groß, die Verdächtigen hätten einen Anschlag auf die Esprit-Arena geplant. Die Gespräche des Trios, die von Beamten des BKA abgehört wurden, bestätigten diesen Verdacht nicht: "Wir machen es in einer Bushaltestelle oder in einem Bus", soll Abdeladim el K. zwei Tage vor der Festnahme in einem Telefonat gesagt haben.

Schon im Dezember sollen die Vorbereitungen für den Anschlag begonnen haben. Bei jedem Schritt, ob sie versuchten, Chemikalien und Grillanzünder zu kaufen, oder Bauanleitungen für eine Bombe aus dem Internet herunterluden, wurden sie von Beamten des BKA beobachtet. Nach sieben Monaten, kurz bevor die drei einen Zünder für einen Sprengsatz bauen konnten, erfolgte der Zugriff.

Die Ermittler waren auf die mutmaßlichen Terroristen durch die Aussage eines Terror-Verdächtigen in Afghanistan aufmerksam geworden. Auch der amerikanische Geheimdienst CIA hatte ermittelt. Nach den Festnahmen im April sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) unserer Redaktion, die Gefahr für Düsseldorf sei zwar "vorerst gebannt".

Er erinnerte aber auch daran, dass Terror eine "reale Gefahr" sei. Nach der gestrigen Festnahme von Halil S. sagte Friedrich: "Wir müssen uns nach wie vor bewusst sein, dass wir auch in Deutschland im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus stehen."

(RP/csi/top)
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