Nach Flugzeugabsturz Deutsche Airlines führen Zwei-Personen-Regel ein

Düsseldorf · Nach dem offenbar absichtlich herbeigeführten Germanwings-Absturz ziehen viele Fluggesellschaften Konsequenzen. Künftig soll das Cockpit mit mindestens zwei Personen besetzt sein. Eine Regelung, die in den USA bereits Standard ist.

Nach Flugzeugabsturz: Deutsche Airlines führen Zwei-Personen-Regel ein
Foto: Ferl

Nach dem Schock über die bisherigen Erkenntnisse zum Absturz der Germanwings-Maschine mit 150 Toten hat eine Diskussion über die Besetzung im Cockpit eingesetzt. Laut Ermittlern hatte der Co-Pilot des abgestürzten Flugzeugs den Piloten ausgesperrt und die Maschine mit Absicht auf den Todeskurs gesteuert.

Die größten deutschen Fluggesellschaften führen nun die Zwei-Personen-Regel ein. Künftig solle sich kein Pilot während des Fluges mehr allein im Cockpit aufhalten dürfen, sagte Matthias von Randow, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Am Freitag hat sich der BDL mit dem Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur und dem Luftfahrt-Bundesamt abgestimmt. Air Berlin, Condor und Germania kündigten schon im Vorfeld an, das neue Vorgehen unverzüglich umzusetzen.

In USA gesetzlich vorgeschrieben

Die Regelung werde zunächst nur vorläufig eingeführt. Dies hätten die betroffenen Gesellschaften auch kommuniziert, sagte von Randow am Donnerstag in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". In der Luftfahrt-Sicherheit seien "Schnellschüsse das Falscheste, was man machen kann".

In USA ist diese Regelung seit dem 11. September 2001 sogar gesetzlich vorgeschrieben. Demnach muss ein Flugbegleiter in das Cockpit gehen, wenn einer der Piloten dieses verlässt. Diese Bestimmung wurde zeitgleich mit der Einführung von Sicherheitstüren für das Cockpit eingeführt, die ein unerlaubtes Eindringen verhindern sollen.

Die Türen halten selbst Schüsse ins Cockpit ab und können von der Crew nur mit einem bestimmten Code geöffnet werden - jede Airline hat dabei ihre speziellen Regelungen. Eine Video-Kamera zeigt der Besatzung nach Airbus-Angaben zudem, wer gerade Einlass begehrt. Bei einer Bedrohungslage können die Piloten die Tür aber auch dann blockieren, wenn außen der korrekte Code eingegeben wird.

Mit der Zwei-Personen-Regel soll sichergestellt werden, dass im Notfall dennoch die Tür geöffnet werden kann — etwa wenn der Pilot ausfällt, weil er ohnmächtig wird oder ein Herzinfarkt bekommt, aber auch im Falle einer vorsätzlichen Sabotage.

Politik begrüßt Entscheidung

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die geplante Neuregelung begrüßt. "Das Vier-Augen-Prinzip im Cockpit ist eine richtige Überlegung", sagte Dobrindt am Freitag. Auch der CDU-Verkehrsexperte Oliver Wittke hat sich für die Einführung des Vier-Augen-Prinzips im Cockpit ausgesprochen und sieht dabei die EU in der Verantwortung. "Da sind jetzt die europäischen Behörden gefordert. Das können wir nicht im nationalen Alleingang regeln", sagte Wittke am Freitag im ARD-Morgenmagazin.

Die Grünen im Europaparlament haben die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten zum Handeln aufgefordert. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im EU-Parlament, Michael Cramer, forderte am Freitag im Deutschlandfunk eine europäische Richtlinie zur Flugsicherheit. Dabei gehe es nicht nur um die Frage, ob immer zwei Personen im Cockpit sein müssten, sondern auch um eine Begrenzung von Bereitschaftszeiten für Piloten und Vorgaben für die einheitliche Wartung von Flugzeugen.

Davon unabhängig wollen neben den deutschen Airlines auch weitere Fluggesellschaften die Einführung der Zwei-Personen-Regel einführen. Air France denkt als eine der führenden Linien-Fluggesellschaften über die Besetzung in ihren Cockpits nach. Auch in Lettland, Australien und Neuseeland kündigten Airlines Neuregelungen an.

Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) fordert zudem regelmäßige medizinische Spezialtests von Piloten gefordert. . Diese Untersuchungen müssten sowohl die psychische als auch die körperliche Fitness der Piloten prüfen, erklärte die UN-Organisation am Donnerstag. Sollten die Testergebnisse Anlass zur Sorge geben, müssten auch neuropsychologische Untersuchungen in Erwägung gezogen werden, erklärte die ICAO.

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