Datenschützer prüfen Rechtmäßigkeit Deutsche Bahn startet Testlauf mit Körperkameras

Berlin · Die Deutsche Bahn hat angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Mitarbeiter des Unternehmens einen sechsmonatigen Test mit Körperkameras gestartet. In der Versuchsphase tragen zunächst Sicherheitskräfte auf drei Berliner Bahnhöfen die sogenannten Bodycams an ihren Uniformen.

 Körperkameras sollen Gewalt vorbeugen.

Körperkameras sollen Gewalt vorbeugen.

Foto: dpa, paz fux gfh

DB-Sicherheitschef Hans-Hilmar Rischke versprach am Donnerstag eine "Videoüberwachung mit Augenmaß". Datenschützer haben allerdings Fragen und prüfen die Rechtmäßigkeit. Die Bahn verzeichnete nach eigenen Angaben im ersten Halbjahr dieses Jahres 950 Angriffe auf ihre Mitarbeiter, zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Zwei Drittel der Fälle betrafen Sicherheitskräfte des Unternehmens, meist habe es sich um Anrempeln oder Anspucken gehandelt. Schwere Verletzungen seien "zum Glück" die Ausnahme, sagte Rischke.

Der DB-Sicherheitschef beklagte, dass der Respekt vor Uniformen in den vergangenen Jahren abgenommen habe. "Die Gesellschaft wird leider roher", sagte er. Von den Körperkameras verspreche sich das Unternehmen einen Rückgang der Gewalt. Zunächst werde die Technologie auf den Berliner Bahnhöfen Alexanderplatz, Zoologischer Garten und Ostbahnhof erprobt. Sollten sich die Bodycams bewähren, werde das Unternehmen den Einsatz bundesweit ausdehnen.

Der Einsatz der Körperkameras sei durch das Hausrecht der Bahn auf ihren Anlagen gedeckt, erklärte Rischke. Die Kameras nähmen "nur das, was notwendig ist", auf. Die DB-Sicherheitskräfte müssen demnach das Speichern der Aufnahmen in Konfliktsituationen per Knopfdruck aktivieren - wobei immer auch die zehn vorangegangenen Sekunden als Puffer aufgezeichnet werden. Auf die verschlüsselt abgespeicherten Daten haben den Angaben zufolge nur die Polizeibehörden Zugriff.

Der Testlauf bei der Bahn rief allerdings Datenschützer auf den Plan. "Wir prüfen den Vorgang", hieß es auf Anfrage aus dem Haus der Berliner Datenschutzbeauftragten Maja Smoltczyk, die für das in der Hauptstadt ansässige Unternehmen zuständig ist. Eine Einschätzung über die Rechtmäßigkeit könnte in einigen Monaten vorliegen.

Sicherheitskräfte der Bahn, die Bodycams auf der Brust tragen, sind mit dem Schriftzug "Videoüberwachung" gekennzeichnet. Die Bilder werden nicht nur aufgezeichnet, sondern sind auch live auf einem Monitor am Gerät zu beobachten. Das soll Angreifer abschrecken, die sich während einer Attacke selbst auf dem kleinen Bildschirm sehen.

Die Polizei in Deutschland erprobt derzeit ebenfalls Bodycams, die schon seit einigen Jahren von Sicherheitskräften in den USA eingesetzt werden. Die Bundespolizei testet die Technologie seit Februar. Auch bei der Polizei in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz, Hamburg, Bayern und Baden-Württemberg kommen Körperkameras zum Einsatz, allerdings nicht flächendeckend.

"Die Akzeptanz bei den Beamten, das positive Interesse der Bevölkerung an dieser Technologie und erfolgreiche präventiv-polizeiliche Einsätze sprechen ganz klar für Bodycams", sagte Thomas Striethörster, Präsident der Bundespolizeidirektion Berlin. Bundesweit sind bis zu 5000 Beamte der Bundespolizei auf Bahnanlagen eingesetzt, die Deutsche Bahn beschäftigt noch einmal 3700 eigene Sicherheitskräfte.

Die Bahn gibt in diesem Jahr nach eigenen Angaben insgesamt 160 Millionen Euro für die Sicherheit von Kunden und Mitarbeitern aus. Bis 2023 wollen das Unternehmen und die Bundespolizei gemeinsam 85 Millionen Euro in den Ausbau der Videoüberwachung an Bahnhöfen investieren. Bereits heute sind demnach etwa 700 Bahnhöfe in Deutschland mit rund 5000 Kameras ausgerüstet. Dazu kommen weitere 27.000 Kameras in Zügen des Regional- und S-Bahnverkehrs.

(AFP/isw)
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