Kritik stößt auf Unverständnis Deutsche Katholiken wollen sich an Hirtenbrief orientieren

Berlin (RPO). Die Kritik am Hirtenbrief von Papst Benedikt XVI. an die Katholiken in Irland stößt in der deutschen Bischofskonferenz auf Unverständnis. "Woher diese völlig unhaltbaren Forderungen kommen, der Papst müsse auch was zu Deutschland sagen, ist einfach nicht nachvollziehbar", sagte Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz in einem Interview.

 Offen ist, ob sich der Papst zu den Missbrauchsvorwürfen in Deutschland äußert.

Offen ist, ob sich der Papst zu den Missbrauchsvorwürfen in Deutschland äußert.

Foto: ddp, ddp

Der Papst habe "von Anfang an gesagt", dass er einen Brief an die Katholiken in Irland schreibt, so Kopp am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, habe jedoch deutlich gemacht, dass "wir als deutsche Kirche diesen Papstbrief uns zu eigen machen".

Die Bischofskonferenz überarbeite derzeit ihre Leitlinien. Obwohl es keine generelle Anzeigepflicht bei Verdachtsfällen gibt, habe Zollitsch auch gesagt, dass es eine gute Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft geben müsse. Um Missbrauchsfällen vorzubeugen, werde inzwischen in der Priesterausbildung "genauer hingeschaut", ob die Anwärter für das Priesteramt geeignet seien. Es gebe "ein gutes Controlling".

Zollitsch verteidigt

In einem Missbrauchsfall in Freiburg in den 80er und 90er Jahren, als Zollitsch dort Personalreferent war, könne von Vertuschung keine Rede sein, sagte Kopp. Zollitsch habe den Priester bereits nach dem Verdachtsfall in den Ruhestand versetzt, zudem hätten sich keine Zeugen gemeldet.

Ein Opfer sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Freiburg hatte schwere Vorwürfe gegen Zollitsch erhoben. Demnach soll Zollitsch den Verdacht auf schweren sexuellen Missbrauch durch einen Pfarrer in der Gemeinde Oberharmersbach (Dekanat Offenburg-Kinzigtal) im Ortenaukreis "vertuscht und verdeckt" haben.

Der Generalsekretär des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Stefan Vesper, sagte, der Papst habe in seinem Brief die "eindeutige Verurteilung sexuellen Missbrauchs bekräftigt". In Deutschland könnten wichtige Elemente daraus gezogen werden, sagte Vesper im Deutschlandfunk. Der Papst habe auch klare Kritik an jeder falschen Sorge um den Ruf der Kirche geäußert.

Vesper sprach sich für eine enge Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden aus. Der Kirche sei daran gelegen, "dass jeder einzelne Fall aufgeklärt wird und Transparenz herrscht". Er hoffe, dass die katholische Kirche in Deutschland "weiter so konsequent an Aufklärung und Transparenz arbeitet, wie sie das jetzt tut".

Lob der Justizministerin

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sieht derweil das Vorgehen der bayerischen Bischöfe zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch als beispielhaft an. "Der Beschluss der bayerischen Bischofskonferenz eröffnet allen deutschen Diözesen einen neuen Weg", sagte die Ministerin der "Berliner Zeitung". Es sei bemerkenswert, dass in Bayern seit vergangener Woche jeder Verdachtsfall von den staatlichen Ermittlungsbehörden geprüft werde. "Der Vorstoß aus Bayern und die Debatte in der Kirche selbst sind ein ermutigendes Zeichen, gerade auch für die Opfer", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Die bayerischen Bischöfe hatten in der vergangenen Woche angekündigt, künftig bei jedem Verdachtsfall die Staatsanwaltschaft informieren und sich dafür ausgesprochen, diese Meldepflicht in die Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz einzuarbeiten.

Die Opferschutzorganisation Weißer Ring verlangte eine längere Verjährungsfrist für sexuelle Straftaten. Vorstandsmitglied Richard Oetker sagte der Zeitung "Die Welt", viele Opfer fänden häufig erst den Mut, über die Taten zu sprechen, wenn diese längst verjährt sind.

(DDP/das)
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