Ab 2013 wieder Segelschulschiff Die "Gorch Fock" darf wieder segeln

Berlin/Kiel · Das Schicksal des Segelschulschiffs stand nach dem Tod zweier Soldatinnen und Berichten über untragbare Zustände in den Sternen. Doch jetzt ist entschieden: Nach einer millionenteuren Reparatur nimmt die Marine die Ausbildung aller Offiziersanwärter an Bord des Dreimasters wieder auf.

Die Gorch Fock - Schulschiff der Deutschen Marine
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Sie ist der Inbegriff alter Windjammer-Pracht, doch seit einer angeblichen "Meuterei" war sie aus dem Verkehr gezogen: Die "Gorch Fock" kümmerte seit vergangenem Jahr mit ungewissem Schicksal vor sich hin. Jetzt ist entschieden: Der Dreimaster wird seinen normalen Ausbildungsbetrieb ab Januar wieder beginnen, und schon von Oktober an kann die Stammbesatzung das Schiff wieder in Besitz nehmen und die alten Handgriffe neu einüben.

Nach dem mysteriösen Tod der 18-jährigen Jenny Böken aus Geilenkirchen in der Nacht zum 4. September 2008 hatte es erste Debatten über die Zustände an Bord des Vorzeigeschiffes gegeben. Sie war unter ungeklärten Umständen über Bord gegangen; ihre Eltern vermuteten, dass auch sexuelle Belästigung im Spiel gewesen sein könnte. Die Tochter habe verstört gewirkt und dringend um einen Termin beim Gynäkologen gebeten. Doch dann stürzte sie in die See.

Guttenberg beorderte das Schiff zurück

Gut zwei Jahre später kommt die Geschichte wieder hoch, als die 25-jährige Sarah Lena Seele aus dem niedersächsischen Bodenwerder bei der Kletterausbildung aus 30 Metern Höhe abstürzt und tödlich verletzt wird. Kameraden weigern sich, im alten und offenbar lebensgefährlichen Trott weiterzumachen; sie werden umgehend nach Hause geschickt. Diese "Meuterei" schlägt hohe Wellen, in deren Folge immer mehr unglaubliche Vorgänge an Bord an den Pranger der Öffentlichkeit kommen.

Sexuelle Belästigungen und erniedrigende Behandlung der jungen Soldaten spielen darin immer wieder eine Rolle. Angeblich verhielten sich Verantwortliche der Strammcrew völlig inakzeptabel. Die widersprechen energisch. Doch als die Serie der Vorwürfe und die Hinweise auf mangelnde Sicherheitsvorkehrungen nicht abreißt, suspendiert der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg den Kommandanten Norbert Schatz im Januar 2011 von seinem Posten und beordert das Schiff zurück in den Heimathafen.

Immenser Kostendruck

Darauf entbrennt eine hitzige Debatte über die Frage, wie zeitgemäß es im Umfeld von Computer- und Lasersteuerung, Cyber War und Präzisionsbewaffnung noch ist, bei Wind und Wetter ungesichert 30, 40 Meter hoch in die Rah zu klettern und bei jeder falschen Bewegung sein Leben zu riskieren. Doch bis hinein in die hohe Politik reicht die Überzeugung, dass angehende Offiziere diesen Kontakt mit den eigenen Grenzen, mit dem Erlebnis der überlebenswichtigen Gemeinschaft brauchen, um gute Vorgesetzte zu werden.

Dennoch steht monatelang auch die Option im Raum, die "Gorch Fock" auszumustern oder zu einem Ausflugssegler umzufunktionieren. Schließlich kostet allein der jährliche Ausbildungsbetrieb rund drei Millionen Euro, und auch die anstehende Generalüberholung sollte rund eine Million kosten. Doch die Faszination "Gorch Fock" ist stärker, und so entscheidet sich die Marine-Führung, trotz Verkleinerung und Kosteneinspardruck, die Tradition weiter leben zu lassen.

Kritische Stellen entschärft

Freilich in modifizierter Form. Die Offiziersanwärter werden das Klettern nicht erst dann lernen, wenn sie erstmals an Bord sind, möglicherweise übermüdet, möglicherweise unter schwierigen klimatischen Bedingungen. Sie haben stattdessen nun erst einmal jeden Handschlag, jeden Fußtritt an einem millionenteuren Übungsmast an der Marineschule "Mürwik" unter gesicherten Bedingungen auszuprobieren. Auf der "Gorch Fock" ist die kritische Stelle, an der der tödliche Unfall passierte, entschärft worden, zudem gibt es verbessertes Sicherungsgeschirr für die Matrosen im Mast.

"Ich freue mich", sagt deshalb der Bundeswehr-Experte Jürgen Hardt (CDU). Schließlich würden die jungen Menschen an Bord "auf optimale Weise mit den Unbillen der Seefahrt und der Naturgewalt von Wind und Wellen vertraut".

(RP/pst/jh-)
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