Nur wenige Bauern können schon ernten Die Suche nach dem Niederrhein-Spargel

Düsseldorf · 15 Kilo aus 5000 Meter langen Wällen – mehr gab's für einen Bauern in Goch nicht zu holen. Fürs Brüggener Spargelfest werfen sechs Landwirte ihre magere Ernte zusammen. Und ein Koch kann sich Spargel auf der Karte kaum erlauben.

 Thomas Teigelkamp, Küchenchef im Restaurant "Alte Villa Ling" in Viersen, mit teurem Spargel

Thomas Teigelkamp, Küchenchef im Restaurant "Alte Villa Ling" in Viersen, mit teurem Spargel

Foto: Endermann, Andreas (end)

15 Kilo aus 5000 Meter langen Wällen — mehr gab's für einen Bauern in Goch nicht zu holen. Fürs Brüggener Spargelfest werfen sechs Landwirte ihre magere Ernte zusammen. Und ein Koch kann sich Spargel auf der Karte kaum erlauben.

Nein, Silvia Bacher mag es nicht mehr hören. Kalt soll es in den Nächten am Wochenende wieder werden. Das bedeutet, dass der Spargel bis auf weiteres schlecht wächst und in ihrem Hofladen auf dem Böllershof in Meerbusch nicht so viel zu tun ist.

"Wir verkaufen nur, was wir selber anbauen — und unser Feldspargel wird womöglich noch etwa eine Woche brauchen", sagt sie und vertröstet ihre Kunden, die Appetit aufs edle Gemüse verspüren.

Viele fragen nach Spargel, doch nur wenige Bauern in der Region können schon viel ernten. Für Freilandspargel sieht es schlecht aus. Spargel, der unter Folie liegt, wird bereits gestochen, aber bei der Ernte müssen die Helfer lange Wege gehen, um einige Kilo zusammenzubekommen.

Bauer Peter Ophey aus Goch-Asperden zum Beispiel hat 15 bis 20 Kilogramm pro Hektar geerntet. "Auf dieser Fläche stehen Wälle, die zusammen 5000 Meter lang sind", sagt er. Mühsam ist das Spargelstechen immer, in diesen Tagen ist es zudem wenig ertragreich. Normalerweise würde Ophey das Zehnfache ernten. Den Helfern schmerzen vom Bücken eher die Füße statt die Rücken.

Sorgen ganz anderer Art haben die Organisatoren des Brüggener Spargelfestes. Mit solch einem langen Winter und niedrigen Temperaturen hatten sie nicht gerechnet, als sie die Veranstaltung für dieses Wochenende terminierten, sagt Roland Gerhards, Sprecher der Interessengemeinschaft. Normalerweise findet es Ende April statt, aber in diesem Jahr feiern die Brüggener dann die Erstkommunion.

Alle Bauern legen zusammen

Der Spargel soll bei dem Markt immer im Mittelpunkt stehen — die Frage ist nur, wie lange das heute und morgen geht? "Die Ernte ist deutlich reduziert, ich würde nicht wetten, dass es den ganzen Tag Spargel zu kaufen gibt."

An diesem Wochenende bietet das Fest Marktstände, Weinpavillons sowie Live-Musik. Und eigentlich sollten die sechs Landwirte, die die Brüggener Stangen als "Burgi-Spargel" vermarkten, an eigenen Ständen ihre Produkte anbieten. Aber in diesem Jahr legen sie alles zusammen und machen einen gemeinsamen Stand — mehr geben die Felder nicht her. "Man sagt, einige Bauern knieten vor den Reihen und beteten dafür, dass der Spargel endlich wächst", sagt Roland Gerhards.

Auf den Beistand von oben mag sich Hermann Ingenrieth, einer der "Burgi-Spargel"-Bauern, nicht ausschließlich verlassen, er setzt vor allem auf die Kraft von drei Folien, unter denen die Spargelwälle verborgen sind. "Aber die Folien bringen wenig, wenn die Sonne nicht scheint", stellt er fest. Derzeit erntet er zwischen 50 und 60 Kilo — "das hört sich viel an, aber wir brauchen auch viel".

Auf dem Genholter Hof in Brüggen hat er ein Spargelrestaurant, er verkauft im Hofladen, er steht auf Wochenmärkten. Alle Kunden kann er zurzeit nicht zufriedenstellen. Und jetzt wird es wieder nachts kühler. Auch Ingenrieth seufzt geplagt. "Dann bricht die Erntemenge sofort wieder ein."

Ein Anruf aus Polen

Heimischer Spargel ist in diesen Tagen ein knappes, teures Gut. Thomas Teigelkamp, Küchenchef im Restaurant "Alte Villa Ling" in Viersen-Süchteln, muss kalkulieren, wenn er Spargel auf die Karte setzt.

Der Spargelsalat mit Cashewnuss-Salsa steht mit 12,50 Euro darauf, allein vier Euro kostet ihn der edle Rohstoff (250 Gramm), der sich dem Preis von Rinderfilet nähert. Spargel satt mit Schinken, Kartoffeln und der jedes Mal für den Gast frisch geschlagenen Sauce Hollandaise wäre zurzeit gar nicht darstellbar, meint Teigelkamp.

Wenn Silvia Bachers Mann Albert in den Erdhügeln auf seinen Meerbuscher Feldern stochert, dann sieht er wenig bis nichts. "Die Sprösse sind da, aber sie fangen erst an zu wachsen", sagt der Landwirt, und wirklich froh klingt er nicht über dieses Feld voller Spargelköpfe. Die Sonnenstrahlen müssen sich erst durch 25 Zentimeter feuchten und kalten Boden vorarbeiten, bis sie die Pflanze erreichen.

Es bräuchte ein paar Tage schönes Wetter, dann könnten sie starten: Die Wohnungen für die polnischen Erntehelfer stehen seit Tagen bereit, und häufig klingelt bei Bachers das Telefon: ein Anruf aus Polen. "Unsere Helfer fragen, ob wir sie vergessen hätten, weil wir uns nicht melden." Auch in Kattowitz wird der niederrheinische Spargel sehnsüchtig erwartet.

Es klingt schon fast wie ein Flehen, wenn Hermann Ingenrieth angesichts halbleerer Kisten sagt: "Ich hoffe, die Kunden haben Verständnis und halten uns die Treue." Bis der Spargel endlich sprießt.

(RP/csr)
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