Ausbruch aus JVA Aachen Die Suche nach den Verantwortlichen

Düsseldorf (RPO/RP). Peter-Paul Michalski und Michael Heckhoff sind wieder in Polizeigewahrsam. Die Gefahr ist nun gebannt. Jetzt steht die Nachbetrachtung der sechstägigen Flucht an: Wie konnte der Ausbruch passieren? Und: Wer übernimmt die Verantwortung?

Ausbrecher in Schermbeck festgenommen
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Ausbrecher in Schermbeck festgenommen

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Es ist eine haarsträubende Geschichte, die Michael Heckhoff in der "Bild" erzählt. Der 50-Jährige und sein am Dienstagmorgen festgenommener Komplize haben bei ihrer Flucht offenbar Unterstützung erhalten. Das Personal der Justizvollzugsanstalt Aachen griff den beiden Schwerverbrechern offenbar unter die Arme. Ein Beamter befindet sich in Untersuchungshaft. Offen ist, ob er von den Ausbrechern erpresst oder bestochen wurde.

Die Personalverantwortung für die Zustände in der Aachener JVA tragen Reina Blikslager, Leiterin der einstigen Vorzeigehaftanstalt, und NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter. Am Montag machte die CDU-Politikerin einen Abstecher nach Aachen - mit der offiziellen Begründung, dass sie sich ein "genaues Bild der Lage" verschaffen wollte.

Dazu gehörten Gespräche mit den Beschäftigten aller Ebenen, vom Personalrat über die Seelsorger bis hin zu den Abteilungsleitern. Inoffiziell dürfte es aber auch um Schadensbegrenzung gegangen sein.

Denn die nicht optimalen Zustände in Aachen sind bereits seit längerer Zeit bekannt. So hatte der Vorsitzende des Bundes der Justizvollzugsbediensteten, Klaus Jäkeln die Justizministerin schon vor Monaten gewarnt: "Aachen ist ein Pulverfass." Er hatte vor allem auf die seiner Meinung nach schlechte Personalausstattung und die hohen Krankenstände in der Haftanstalt hingewiesen.

Erst Ende September war in Aachen eine Hauptgeschäftsprüfung durchgeführt worden, die Jäkelns Einschätzung in wesentlichen Punkten bestätigt. Im Rahmen dieser internen Revision monierten die Prüfer nach Informationen unserer Redaktion unter anderem einen Krankenstand von 18 Prozent bei den Vollzugsbeamten sowie durchschnittlich 178 Überstunden pro Mitarbeiter.

Als Folge wurde für die Spätschicht der JVA ein ausgedünnter Dienstplan aufgestellt, der allerdings nicht für die Abteilung galt, in der die beiden flüchtigen Häftlinge einsaßen.

Doch die Ministerin sieht keinen Zusammenhang zwischen Ausbruch und den Zuständen im Gefängnis: "Alle waren sich einig, dass dieser Vorfall nichts mit dem Krankenstand oder zu wenig Personal zu tun hat." Anstaltsleiterin Reina Blikslager wird noch deutlicher. "Ich finde es ungeheuerlich, einen Zusammenhang zu konstruieren zwischen Überlastung und einer Straftat."

Doch es ist nicht das erste Mal, dass Müller-Piepenkötter unter Druck steht. Nach dem Foltermord an einem Siegburger Gefangenen vor zwei Jahren rückten die Zustände in den JVAs in den Fokus der Öffentlichkeit. In Gelsenkirchen misshandelten Häftlinge vor einem Jahr einen Mitgefangenen.

Bereits mehrfach hat die Opposition im Landtag den Rücktritt Müller-Piepenkötters gefordert. Jetzt beantragte sie eine Sondersitzung des Rechtsausschusses. "Wir möchten von der Justizministerin wissen, aus welchen Gründen die Flucht zweier gefährlicher Verbrecher aus einer modernen Haftanstalt gelingen konnte", teilten SPD und Grüne gemeinsam mit.

(RP/ndi)
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