Pilotprojekt "D115" startet Drei Ziffern helfen im Behördenschungel

Hamburg (RPO). 115 - eine neue bundesweit einheitliche Telefonnummer soll den Bundesbürgern die Orientierung im Behördendschungel erleichtern. Heute startet sie in mehreren Regionen im Pilotbetrieb, unter anderem in Düsseldorf, Duisburg und Aachen. 10 Millionen Deutsche können die neue Nummer bereits nutzen. Die ersten Tests lassen hoffen auf einen großen Schritt Richtung Bürgernähe.

Die häufigsten Fragen unter der 115
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Foto: AP

Welche Papiere brauche ich, um zu heiraten? Wie melde ich ein Gewerbe an oder beantrage eine Lohnsteuerkarte? Wann kommt die Müllabfuhr? Wer die zuständige Stelle für bestimmte Leistungen der öffentlichen Verwaltung nicht kennt oder schlicht gleich mehrere solcher Fragen auf einmal beantwortet haben möchte, soll künftig über einen einzigen Anruf bei der Nummer 115 Antworten bekommen.

Die einheitliche Behörden-Telefonnummer startete am Dienstag in Hessen, Berlin, Hamburg, der Stadt Oldenburg sowie Teilen von Nordrhein-Westfalen ihren Pilotbetrieb. In NRW nehmen unter anderem Aachen, Düsseldorf, Duisburg, Köln und Leverkusen an dem Probelauf teil. Allerdings kostet der Anruf je nach Anbieter zwischen sieben und zwölf Cent pro Minute. Wer aus dem Mobilfunknetz anruft, zahlt sogar bis zu 50 Cent pro Minute, was noch vor Start erste Kritik hervorgerufen hat.

Die 115 ist von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr erreichbar. 75 Prozent der 115-Anrufe sollen innerhalb von 30 Sekunden durch Mitarbeiter in einem der Servicecenter angenommen werden.

Der erste Test fällt positiv aus

Wählt man die 115, springt am Dienstagmorgen nach zweimaligem Schellen zunächst die Warteschleife an. Futuristische Klänge sind zu hören. Eine sanfte und freundliche Damenstimme begrüßt den Anrufer mit einem "Herzlich Willkommen", ein Mitarbeiter werde sich kümmern, sobald die nächste Leitung frei sei. Bevor sich erste Irritationen einstellen, nimmt tatsächlich eine Mitarbeiterin ab, meldet sich freundlich und mit Namen.

Die einfache Frage, nach der Ausweispflicht von Kindern bei einer Flugreise ins Ausland und den Erfordernissen für einen Kinderreisepass beantwortet sie kompetent und ohne ersichtliche Mühe. Im direkten Vergleich mit dem direkten Besuch auf dem Amt schneidet die Service-Hotline sogar besser ab. Auf dieselbe Frage antwortete die Mitarbeiterin beim persönlichen Besuch im Bürgerbüro weniger präzise. Unaufgeforderte Information über die Kosten für den Ausweis, die Schnelligkeit des Erstellens und Rückfragen zum Reiseziel gab es nur am Telefon.

"Wir lieben Fragen"

So ermuntert das Projekt "D115" in seinem offiziellen Flyer nun sogar potenzielle Anrufer. Die einheitliche Telefonnummer soll nicht nur den direkten Draht für zehn Millionen Einwohner in den Modellregionen schaffen, sondern zugleich auch die Verwaltungsebenen verbinden. Mussten sich zum Beispiel Bafög-Interessenten bislang an Kommune, Land oder Bund wenden - je nachdem, ob Schüler, Student oder angehender Handwerksmeister - so soll künftig "ebenenübergreifend" die 115 als erste telefonische Anlaufstelle bereitstehen.

Die Idee für die einheitliche Behördenrufnummer entstand auf einem IT-Gipfel der Bundesregierung vor knapp zweieinhalb Jahren. Für ihre Umsetzung werden nun bestehende - überwiegend kommunale - Servicecenter vernetzt. Schon im Laufe des zweijährigen Probebetriebs sollen nach und nach weitere Regionen hinzukommen. Alle 115-Servicecenter nutzen ein gemeinsames System, um Informationen zu bündeln. Wissensmanagement-System, heißt das im Neudeutsch der Behörden.

Vorbereitet auf 150 Fragen

In dem sind unter anderem die 150 häufigsten Bürgeranfragen nebst Antworten verzeichnet, darunter auch je 25 Anliegen, die Landes- und Bundesbehörden betreffen. Die Liste soll nach Angaben des federführenden Bundesinnenministeriums ständig aktualisiert und erweitert werden. Welche Themen sich in dem Pool der Call-Center am häufigsten wiederfinden, verrät Ihnen >>>hier unsere Übersicht.

Bekommt ein Anrufer bei der 115 auf seine Frage im nächstgelegenen Servicecenter dennoch nicht sofort eine Antwort und wird sein Anliegen zum Beispiel an eine Fachbehörde weitergeleitet, soll er binnen 24 Stunden einen Rückruf erhalten. Auch eine Rückmeldung per E-Mail oder Fax ist möglich. Die Mehrheit der Anfragen - laut Innenministerium mindestens 55 Prozent - soll aber direkt beim ersten Kontakt beantwortet werden.

Vorbilder im Ausland

In anderen Ländern gibt es bereits Vorbilder für eine einheitliche Behördenrufnummer, zum Beispiel "Allô Service Public 3939" in Frankreich. Auch in Deutschland ist ein Telefonservice über mehrere Verwaltungsebenen hinweg nicht neu. So gibt es beispielsweise seit 2005 den "Hamburg-Service" mit einer einzigen Rufnummer als Draht zur Kommunal- und Landesverwaltung. Eine zentrale Servicenummer über sämtliche Ebenen in einem föderalen Staat hinweg ist dem Bundesinnenministerium zufolge jedoch ein Novum.

Im Gegensatz zu Anrufen bei den ebenfalls dreistellig-prägnanten Nummern 110 und 112 für Notrufe ist das Einholen einer Behördenauskunft über die 115 nicht kostenlos. Aus dem Festnetz fallen nach Angaben des Branchendienstes Teltarif je nach Anbieter zwischen sieben und zwölf Cent pro Minute an. Wer aus dem Mobilfunknetz anruft, zahlt demnach bis zu 50 Cent pro Minute.

Teltarif kritisierte am Montag mangelnde Transparenz auf Seiten der Anbieter sowie das Fehlen einer gesetzlichen Pflicht zur Tarifansage bei 115-Anrufen. Angesichts der mitunter recht hohen Minutenpreise sei die angekündigte "schnelle und kompetente Bearbeitung aus Verbrauchersicht unabdingbar", erklärte der Branchendienst.

(AFP)
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