Rechte Demo verhindert Dresden wehrt sich gegen Neonazis

Dresden (RPO). Mehrere Tausend Gegendemonstranten haben in Dresden einen Aufmarsch von rund 5000 Neonazis verhindert. Blockaden in den Straßen um den Neustädter Bahnhof machten einen Abmarsch der Rechtsextremisten unmöglich. In dem Stadtteil kam es zu Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Gruppen, wie die Polizei erklärte.

Dresden: Tausende protestieren gegen Neonazis
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Dresden: Tausende protestieren gegen Neonazis

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Die Kundgebung der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland" (JLO) wurde am Abend aufgelöst, ohne dass die Rechtsextremisten wie geplant durch die Stadt marschieren konnten. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hatte die Marschroute der Neonazis, die wie jedes Jahr durch die Stadt ziehen wollten, am Donnerstag bestätigt. Zahlreiche Zufahrtsstraßen wurden am Samstag jedoch von Gegendemonstranten blockiert. Die Polizei war mit einem Großaufgebot von Beamten aus mehreren Bundesländern im Einsatz.

In der Stadt sei es zu einigen Auseinandersetzungen gekommen, darunter auch in einem linksalternativen Kulturzentrum, sagte ein Polizeisprecher. Dieser Vorfall werde noch geprüft. In der Dresdner Neustadt wurde nach Polizeiangaben ein Wasserwerfer eingesetzt, nachdem Beamte angegriffen wurden.

Ein Sprecher des Aktionsbündnisses "Dresden Nazifrei" sagte, insgesamt seien mehr als 10.000 Teilnehmer mobilisiert worden. Sie hätten sich an Blockaden der Straßen rund um die Neonazi-Versammlung beteiligt. Auch die Bahngleise zwischen Hauptbahnhof und Neustädter Bahnhof wurden für etwa eine Stunde blockiert, so dass die Strecke kurzzeitig gesperrt werden musste.

Auf der anderen Seite der Elbe machten die Bürger Dresdens gegen Neonazis und einen Missbrauch des Gedenkens an die Opfer der Bombardierung mobil. Nach einem Friedensgebet in der historischen Innenstadt, das von etwa 80 Blechbläsern musikalisch gestaltet wurde, bildeten mehrere tausend Menschen eine Menschenkette. Nach Angaben eines Stadtsprechers beteiligten sich mehr als 10.000 Bürger.

Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) sagte zu Beginn der Menschenkette, den Versuchen von "Alt- und Jungnazis, diesen Tag der Trauer zu missbrauchen, stellen wir uns entgegen". Der Jahrestag der Zerstörung sei traditionell ein "stiller Tag der Trauer". Es müsse aber auch daran erinnert werden, "wer den verdammten Krieg losgetreten hat". Mit der Menschenkette, die erstmals ausgerichtet wurde und zu der ein breites Bündnis aufgerufen hatte, werde die Stadt zu einer "Festung gegen Intoleranz und Dummheit".

"Festung gegen Intoleranz und Dummheit"

Die Oberbürgermeisterin wandte sich in ihrer Rede auch gegen die Verhöhnung der Opfer von Krieg und Gewalt. Viele Demonstranten hatten weiße Rosen angesteckt. Matthias Neutzner von der Interessengemeinschaft "13. Februar 1945" äußerte Genugtuung über die große Beteiligung an der Menschenkette. Seine Erwartungen seien übertroffen worden.

Vor der Frauenkirche sagte am Abend Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), die Anziehungskraft dieses Tages für Neonazis mache es notwendig, dass Dresden hier stellvertretend für andere ein Zeichen setze und eine aktive politische Diskussion führe. Die Stadt habe die Chance und die Verpflichtung, gerade weil sie zu einem symbolischen Ort geworden sei, sich stellvertretend für andere zu erinnern, betonte Baum laut Redemanuskript. "Beim Erinnern dürfen wir nicht stehen bleiben. Wir sind geradezu verpflichtet, von Dresden aus immer wieder ein Signal für Frieden und Völkerverständigung, für Demokratie und Menschenrechte in die Welt zu senden."

Die rechte Szene ruft seit Jahren zu sogenannten Trauermärschen für die Opfer des Bombardements in der Nacht auf den 14. Februar 1945 auf. Im vergangenen Jahr waren rund 6000 Rechtsextremisten nach Dresden gekommen.

Bilanz der Polizei

Nach den Demonstrationen hat die Polizei eine vorläufige Bilanz ihres Einsatzes gezogen. 29 Personen wurden demnach in polizeiliches Gewahrsam genommen. Die jungen Männer im Alter zwischen 16 und 36 Jahren müssen sich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz sowie des Waffengesetztes verantworten, wie die Polizei mitteilte. 21 der in Gewahrsam genommenen Personen seien dem Lager der Kundgebungsgegner zuzuordnen.

Bei den Auseinandersetzungen wurden insgesamt mindestens 27 Menschen leicht verletzt, darunter 15 Polizeibeamte. Sie erlitten ihre Verletzungen vor allem durch Bewürfe mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern. Insgesamt zwölf Reisebusse wurden beschädigt. Dazu kommen acht teilweise komplett zerstörte Pkw.

Die Einrichtung eines Geschäftes und die Fenster eines Kreditinstitutes wurden beschädigt. An einer Erdgeschosswohnung an der Hechtstraße wurden mehrere Scheiben eingeschlagen. Ferner wurde die Einrichtung einer Tankstelle und eines Supermarktes beschädigt. Weiterhin wurden mehrere Müllcontainer im Stadtgebiet umgeworfen und angezündet. Die Schadenshöhe kann noch nicht beziffert werden.

Insgesamt 5693 Polizeibeamte sicherten die zahlreichen Veranstaltungen ab. Die Dresdner Polizei erhielt dabei Unterstützung aus dem gesamten Bundesgebiet. 1700 Einsatzkräfte der Bundespolizei überwachten die Anreise und Abreise der Veranstaltungsteilnehmer mit der Bahn.

Die Nacht blieb offenbar ruhig.

(AFP/Reuters/ndi)
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