Drogen- und Suchtbericht 2016 Weniger Zigaretten und Alkohol, mehr Online-Sucht

Baden-Baden/Berlin · Die Deutschen rauchen und trinken weniger als früher - das geht aus dem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung hervor. Große Sorgen bereitet allerdings das Thema Online-Sucht.

 Die Drogen-Beauftragte des Bundes, Marlene Mortler.

Die Drogen-Beauftragte des Bundes, Marlene Mortler.

Foto: dpa, fis

Beim Alkoholkonsum konstatiert der Bericht einen Rückgang des Pro-Kopf-Konsums von reinem Alkohol um fast drei Liter seit 1980. Auch jugendliches Rauschtrinken nimmt demnach ab. Dennoch würden jährlich weiter mehr als 15.000 Fälle von Krankenhauseinweisungen aufgrund von Alkoholvergiftungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren registriert.

Auch beim Tabakkonsum verzeichnet die Studie einen Rückgang. Zwar rauche in Deutschland immer noch knapp jeder vierte. Bei den 12- bis 17-Jährigen seien es aber nur noch rund acht Prozent. Bei der Vorstellung des diesjährigen Drogen- und Suchtberichtes beklagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), dass die Tabak-Industrie inzwischen 200 Millionen Euro jährlich investiere, um neue Kunden zu gewinnen. "Das übersteigt alles, was wir an Prävention auf den Weg bringen können." Mortler ergänzte: "Wir haben den Bereich E-Zigaretten und E-Shishas unter das Jugendschutzgesetz gestellt, weil wir gesehen haben, hier werden junge Menschen gezielt angefüttert für eine neue Form von Tabak."

Mortler steht zum Cannabis-Verbot

Ausdrücklich bekräftigte Mortler das Verbot von Cannabis. Die jüngste Metastudie der Weltgesundheitsorganisation habe die Gefahren des Konsums bestätigt. Betroffene kämpften teilweise mit schweren psychischen Folgen.

In Bezug auf die Onlinesucht in Deutschland sprach Mortler von 560.000 Fällen. Hinzu kommt dem Bericht zufolge eine große Zahl gefährdeter Nutzer. Jüngere Menschen seien häufiger betroffen, heißt es in dem Bericht weiter. So zeigten in der Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen etwa 250.000 oder 2,4 Prozent Anzeichen einer Abhängigkeit, unter den 14- bis 16-Jährigen seien es sogar vier Prozent. In der Altersgruppe der über 25-Jährigen sind dem Bericht zufolge insgesamt etwa 0,7 Prozent wahrscheinlich internetabhängig.

Die Online-Sucht beginne dort, wo der Konsument den normalen Alltag vernachlässige, weil sich alles um den Computer drehe, sagte Mortler.
Die Folgen seien: "Vereinsamung, Verwahrlosung, Abkoppeln von der Realität". Nach Mortlers Angaben verbringen 16 Prozent der Neuntklässler knapp fünf Stunden und länger vor dem Computer. Mädchen seien stärker von Sozialen Netzwerken, Jungen eher von Computerspielen abhängig. Man müsse verhindern, "dass Jugendliche in die digitale Welt abgleiten". Eine Jahrestagung werde sich mit dem Thema befassen.

Eltern betroffener Kinder empfahl Mortler, sich im positiven Sinn mit ihnen auseinanderzusetzen - "der erhobene Zeigfinger bringt gar nichts". Im Ernstfall sollten sie sich professionell beraten lassen. Wir müssten "lernen und kapieren, dass wir ganz schnell abhängig werden können von Online-Medien, und mein Ziel ist es, eine sogenannte Online-Offline-Balance herzustellen", betonte die Drogenbeauftragte im Südwestrundfunk (SWR).

Mortler machte die Computerspiel- und Internetabhängigkeit zu einem Schwerpunktthema ihres diesjährigen Berichts.

(felt/KNA/AFP/dpa)
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