Der moderne Mann Echte Männer sind auch Muttersöhnchen

Düsseldorf · Ich bin ein Muttersöhnchen. Und stolz darauf. Heute. Im Nachhinein. Denn es dauert eben eine Weile, bis ein Sohn den Wert der Mutter für die Entwicklung seiner Persönlichkeit, ja für die "Mannwerdung" erkennt.

 Michael Bröcker im Herbst 1977 mit seiner Mutter Annette.

Michael Bröcker im Herbst 1977 mit seiner Mutter Annette.

Foto: Bröcker

Meine Mutter ist eine hübsche Frau. Früher wollte ich trotzdem nicht mit ihr gesehen werden. Als Halbstarker konnte ich mir die Botschaft nicht leisten, dass "Mami" mir den Weg weist. Vor der Schule zum Beispiel. Lieber 100 Meter früher aus dem Auto steigen. Eine öffentliche Umarmung? Nein, danke. Ich habe die Brotdose für die Schule verweigert (und "Raider" bei Edeka gekauft). Die Wollmütze mit den Ohrenschützern lehnte ich ab. Das Karo-Hemd mit der Weste? Auf keinen Fall! "Ach, Mama" war mein bevorzugter Ausruf. Weiß ich doch. Kann ich schon. Lass mal. Die Trotzphase hielt lange.

Bis ich zum ersten Mal auszog — für ein halbes Jahr in die USA. Die Briefe nach Hause waren emotional und liebevoll. "Mama, vielen Dank für deine Unterstützung. Ich habe dich lieb." Wie sagt doch ein Sprichwort: "Lass mich, Mutter, in die Ferne, dass ich mich rühme der Geburt." Im Studium, in der ersten eigenen Wohnung, später im Job in der Ferne, erst recht heute als Vater weiß ich es: Meine Mutter ist die Heldin der Familie.

Unverzichtbar, unerschütterlich, kraftvoll. Ein Vorbild in Lebensführung. Ich schäme mich, dass es Tage gab, an denen ich ihr nicht zuhören wollte. Sie lästig fand. Heute versuche ich umzusetzen, was sie predigte. Ehrlichkeit, Verständnis, Gelassenheit. Meine Mutter ist das Herz unserer (Groß-)Familie. Konfliktlöserin, Organisationschefin, Psychologin und Motivatorin.

Das war sie immer. Sie bändigte meine Schwestern, zwei selbstbewusste Mädchen, die gerne das Gegenteil von dem machten, was Mutter vorschlug. Und sie brachte mich, den rotzfrechen Zwölfjährigen, in die Spur, selbst wenn die Grundschulrektorin, der Fußball- und der Mathelehrer die Hoffnung aufgegeben hatten. Die Noten waren okay, aber dieses Mundwerk. "Michael Bröcker stört den Unterricht durch sein auffälliges Verhalten", stand einmal unter einem Zeugnis. Mama schimpfte milde. Ein paar Tage später gab es trotzdem Spinat, mein Lieblingsgericht. Nur den Ohrring, den ich mir als 15-Jähriger heimlich stechen ließ, musste ich ausziehen.

Danke Mama, für diese Entscheidung! Überhaupt: Danke. Dafür dass du mich das Kochen gelehrt und mir die Kunst nahe gebracht hast. Danke für die tolle Erziehung. Danke, dass ich dein Muttersöhnchen sein kann!

Unser Special zum Vatertag:

(brö)
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