Brunhilde Pomsel Ehemalige Goebbels-Sekretärin stirbt mit 106 Jahren

München · Brunhilde Pomsel war ganz nah dran am Führungszirkel der Nazis, als Sekretärin bei NS-Propagandaminister Joseph Goebbels. Nun ist sie im Alter von 106 Jahren in München gestorben.

 Brunhilde Pomsel im Juni 2016 nach der Filmpremiere der Doku "Ein deutsches Leben" im Kino Rio in München.

Brunhilde Pomsel im Juni 2016 nach der Filmpremiere der Doku "Ein deutsches Leben" im Kino Rio in München.

Foto: dpa, mbk jhe kre fdt

Das bestätigte am Montag der Filmemacher Christian Krönes von der Produktionsfirma blackbox aus Wien, der den Dokumentarfilm "Ein deutsches Leben" über die Erinnerungen Pomsels produziert hat. Enge Freunde der Verstorbenen hatten ihn informiert.

Pomsel hatte 1942 im Propagandaministerium der Nationalsozialisten als Sekretärin begonnen, nah dran am Führungskreis des Terrorregimes, das den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg zu verantworten hat. Von den menschenverachtenden Plänen will sie allerdings nichts mitbekommen haben. "Nichts haben wir gewusst, es ist alles schön verschwiegen worden und das hat funktioniert", sagte sie in dem Dokumentarfilm, der am 6. April in die deutschen Kinos kommen soll. Erst nach dem Krieg sei ihr das Ausmaß der Geschehnisse bewusst geworden.

Ab 1942 im Propagandaministerium gearbeitet

Pomsel wurde am 11. Januar 1911 geboren. Sie wuchs in Berlin auf, ihre Eltern erzogen sie im damaligen Zeitgeist — streng, "preußisches Pflichtbewusstsein, ein bisschen auch dieses Sich-Unterordnen". Nach der Schule arbeitete sie bei einem jüdischen Rechtsanwalt, dann beim Rundfunk und ab 1942 im Propagandaministerium.

Ihren Chef Goebbels habe sie als gepflegten und angenehmen, wenn auch arroganten Mann erlebt. Im Gegensatz dazu Auftritte wie 1943 im Sportpalast in Berlin, wo der Demagoge die Masse aufpeitschte mit der Frage "Wollt ihr den totalen Krieg?". Die Menschen im Saal rasten vor Begeisterung, nach Ansicht Pomsels waren sie "behext". "Es war ein Naturereignis, die ganze Menge konnte nichts dafür und er selber wahrscheinlich auch nicht."

In russischer Gefangenschaft

Nach dem Krieg kam Pomsel in russische Gefangenschaft. Das sei unfair gewesen, erklärte sie den Filmemachern, "weil ich ja nichts getan hatte, als bei Herrn Goebbels getippt, und was dahinter steckte, wusste ich ja alles gar nicht". Als schuldig sehe sie sich nicht an, es sei denn, man werfe dem ganzen deutschen Volk vor, Hitler zur Macht verholfen zu haben. "Das sind wir alle gewiss gewesen, auch ich."

Ganz unbefangen fühlte sie sich aber dennoch nicht. "Das hört ja nie auf, das weiß ich doch und das ist immer da so wie jeden Morgen die Sonne aufgeht", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur anlässlich der Deutschlandpremiere im Sommer 2016 auf dem Filmfest München. "Das hat sich natürlich in mein Leben eingefressen, was alles an Schrecklichem passiert ist."

Der Film ist so etwas wie ihr Vermächtnis. Produzent Krönes, der mit drei anderen Regie geführt hat, spricht von einem zeithistorischen Dokument, vor allem für Schulen, Museen und Bildungseinrichtungen. Das ist auch Sinne von Pomsel selbst. Vor allem junge Menschen sollten den Film sehen, hatte sie sich im Sommer gewünscht.

(das/dpa)
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