Heinrich Boere Ehemaliger SS-Mann gesteht Mord an Zivilisten

Aachen (RPO). Der frühere SS-Mann Heinrich Boere hat vor dem Aachener Landgericht die Erschießung dreier holländischer Zivilisten im Jahr 1944 gestanden. Er habe auf ausdrücklichen militärischen Befehl gehandelt, heiß es in einer Erklärung des heute 88-Jährigen, die sein Verteidiger am Dienstag vor Gericht verlas.

Heinrich Boere: Ehemaliger SS-Mann gesteht Mord an Zivilisten
Foto: ddp

"Als einfacher Soldat habe ich gelernt, Befehle auszuführen und wusste, dass ich bei Nichtbefolgen eines Befehls meinen Eid brechen und selbst erschossen werden würde", erklärte er

Boere erklärte, damals habe er nicht in dem Bewusstsein gehandelt, ein Verbrechen zu begehen. "Heute nach 65 Jahren sehe ich das natürlich aus anderem Blickwinkel." Von den Vorgesetzten sei ihm damals gesagt, worden, dass es sich bei den Erschießungen um Vergeltungsmaßnahmen für Aktionen des holländischen Widerstands handele und die Opfer für Attentate verantwortlich seien.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 88-Jährigen dagegen dreifachen heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen vor. Der Sohn einer Deutschen und eines Holländers, der 1940 der Waffen-SS beigetreten war, soll im Juli und September 1944 zusammen mit weiteren SS-Männern drei Zivilisten in Breda, Voorschoten und Wassenaar erschossen haben.

"Aktion Silbertanne"

Diese als "Aktion Silbertanne" bezeichneten Hinrichtungen seien zynische Vergeltungsmaßnahmen der SS für Aktionen des holländischen Widerstands gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß bei der Anklageverlesung vor einigen Wochen. Die Opfer seien von zuvor erstellten Listen und in Zusammenarbeit mit örtlichen Behörden und dem Sicherheitsdienst ausgewählt worden. Sie hätten entweder mit dem Widerstand sympathisiert oder seien anti-deutsch eingestellt gewesen.

Boeres Verteidiger Gordon Christiansen sagte im Gespräch mit AP, das Gericht müsse den heute 88-Jährigen freisprechen, da es sich um Befehlsnotstand gehandelt habe. Ein Antrag der Verteidigung auf Einstellung des Verfahrens war zuvor abgewiesen worden. Nach Auffassung der Verteidigung verstößt der Aachener Prozess gegen das in der Europäischen Grundrechte-Charta formulierte Verbot der Doppelverfolgung von Straftaten. Das Gericht folgte diesem Antrag aber nicht.

Boere war bereits 1949 wegen der Taten in Amsterdam in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden, später wurde die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt. Diese hatte der vor dem Prozess in die Bundesrepublik geflüchtete SS-Mann jedoch nie verbüßt.

(AP/csr)
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