Rücktritt von Margot Käßmann "Ein Mann wäre noch im Amt"

Düsseldorf (RP). Margot Käßmann ist als Chefin der Evangelischen Kirche zurückgetreten. Das war vernünftig, sagt eine Psychologin. War es auch nötig – vielleicht sogar, weil Käßmann eine Frau ist? Offen fällt jetzt das böse Wort vom Sexismus.

Mitleid und Bestürzung - die Presse zum Fall Käßmann
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Foto: APN

Düsseldorf (RP). Margot Käßmann ist als Chefin der Evangelischen Kirche zurückgetreten. Das war vernünftig, sagt eine Psychologin. War es auch nötig — vielleicht sogar, weil Käßmann eine Frau ist? Offen fällt jetzt das böse Wort vom Sexismus.

Käßmann als Sexismus-Opfer? Mit diesem Vorwurf steht Schwarzer nicht allein da. Der Rücktritt erregt auch prominente Frauen in der EKD. Bärbel Wartenberg-Potter, bis 2008 Bischöfin in Lübeck und ab 2001 beteiligt an der feministischen "Bibel in gerechter Sprache", sagte "Spiegel Online": "Der Sexismus hat auch ein Neidgesicht. Was bei einem Mann als Kavaliersdelikt bewertet worden wäre, wurde zum öffentlichen Tribunal."

Käßmann hat immer wieder private Nackenschläge, ihre schwere Krankheit, die Scheidung öffentlich gemacht — und damit auch zu einer Vermenschlichung ihrer Ämter beigetragen. Und jetzt das Ende nach der Alkoholfahrt, so schnell, so konsequent — typisch Frau? "Nein", sagt die Düsseldorfer Psychologin Susanne Altweger, "sie hat in erster Linie vernünftig reagiert." Frauen hätten die Tendenz, schneller wieder Harmonie herzustellen, während Männer einen Konflikt unter dem Aspekt "Siegen und Verlieren" betrachten würden: "Und natürlich kämpfen sie um den Sieg — manchmal bis zum bitteren Ende." Altweger verweist auf den ehemaligen Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus, der auch nach einem Skiunfall mit tödlichen Folgen im Amt zu bleiben versuchte.

Mit Käßmanns Sturz verstärkt sich die emanzipatorische Schlagseite der EKD-Führung. Frauen waren dort immer eine bedrohte Art, Käßmann erst recht: Sie war die erste, die erkennbar Ambitionen auf das Spitzenamt zeigte. Das mag man nicht so sehr, obwohl der deutsche Protestantismus Führungsfiguren dringend nötig hat. Käßmann war stets die Besondere, die Herausragende, auch weil sie eine Frau ist.

(RP)
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