Enissa Amani: Kindheit im Flüchtlingsheim "Lange Zeit hatte ich Angst und Albträume"

Kleve · Comedy-Star Enissa Amani (31) hat am eigenen Leib erlebt, wie es sich anfühlt, in einem Flüchtlingsheim zu leben. Im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt sie von ihren Ängsten und dem Umgang mit Vorurteilen.

 Enissa Amani (31) ist die Frau der Stunde in der deutschen Comedy-Szene.

Enissa Amani (31) ist die Frau der Stunde in der deutschen Comedy-Szene.

Foto: Stephan Pick

Sie gehört zu den größten Talenten der Comedy- und Kabarettszene, ist bei der Tanzshow "Let's Dance" einem Millionenpublikum bekannt geworden. Enissa Amani wirkt, als würde ihr der Erfolg derzeit nur so zufliegen. Die 31-Jährige war aber nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens, wie sie jetzt im Gespräch mit unserer Redaktion verriet.

"Jedes Mal, wenn ich das Wort Flüchtling höre, bekomme ich schon Gänsehaut. Es erinnert mich daran, dass wir im Flüchtlingsheim gelebt haben, als ich sehr klein war", sagt Amani. Sie kam als Tochter politisch Verfolgter aus dem Iran nach Deutschland. Ihr Vater, Literat und Sozialist, die Mutter Ärztin.

"Das erste, woran ich mich so richtig erinnern kann ist, dass in Solingen ein Heim gebrannt hat", sagt Amani. Ihr Vater habe dem damals kleinen Mädchen erklärt, dass böse Menschen ein Heim angezündet hätten. "Ich habe ihn dann gefragt, ob da Menschen wie wir gelebt haben. Ob uns das auch passieren könnte. Lange Zeit hatte ich Angst und Albträume, dass ein Feuer bei uns ausbricht."

Trotz ihrer eigenen Erfahrungen versuche sie heute, ohne Vorurteile an die Flüchtlingsdebatte heranzugehen. "Wenn jemand nie selber fliehen musste, hat er ein anderes Bild und andere Ängste. Er denkt dann vielleicht: Die kommen zu uns und nehmen uns die Arbeitsplätze, Frauen oder sonst etwas weg."

Sie versuche den Menschen aber zu zeigen, dass es jeden treffen könne. "Viele haben halt das Glück gehabt, so aufzuwachsen, dass sie nie fliehen mussten. Vielleicht kann sich aber jederzeit die weltpolitische Lage so ändern, dass wir plötzlich in einem anderen Land stehen. Dann wollen wir auch nicht hören, wir seien nur gekommen, um den Menschen irgendetwas wegzunehmen."

Mittlerweile hat die 31-Jährige auch das Land bereist, aus dem ihre Eltern fliehen mussten. Mit Anfang 20 stellte sich Amani ihrer Vergangenheit und besuchte das erste Mal den Iran. Einige Male war sie schon dort. "Ich habe gemerkt, dass das Land ein großer Teil von mir ist", sagt sie. "Auch wenn Deutschland meine Heimat ist, drückt der Iran Knöpfe bei mir. Das ist ein Land, zu dem ich einen riesigen Bezug habe und für das ich ebenfalls Heimatgefühle hege, obwohl ich nicht dort aufgewachsen bin."

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