Prozess um Ausbruch aus der JVA Aachen Ermittler räumt Panne bei der Festnahme ein

Aachen (RPO). Der mitangeklagte mutmaßliche Ausbruchshelfer der beiden Schwerkriminellen Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen ist vor Gericht schwer belastet worden.

In dem am Donnerstag vor dem Aachener Landgericht fortgesetzten Prozess schilderte ein 57-jähriger Gefängnis-Bediensteter, wie er von den beiden Schwerverbrechern in der Sicherheitsschleuse der Haftanstalt mit Unterstützung seines eigenen mitangeklagten Kollegen überwältigt, gefesselt und geknebelt wurde.

Er sei bis heute arbeitsunfähig, habe Schlafstörungen und befinde sich in therapeutischer Behandlung. Eine Entschuldigung des mitangeklagten Ex-Kollegen und mutmaßlichen Fluchthelfers lehnte der 57-Jährige ab.

Arbeit basiert auf Vertrauen

Die Arbeit in einer JVA basiere auf gegenseitigem Vertrauen unter den Kollegen, sagte der Zeuge, der seit 31 Jahren im Aachener Gefängnis seinen Dienst verrichtet. Dieses Vertrauen habe er seit dem Tattag Ende November vergangenen Jahres verloren. Man müsse sich auf Kollegen verlassen können, an diesem Tag aber sei er verlassen gewesen. Es sei für ihn auch heute noch unfassbar, wie ein Kollege so mit seinem Leben habe spielen können.

Der 40-jährige JVA-Beamte auf der Anklagebank entschuldigte sich daraufhin bei dem Zeugen. Auch Ausbrecher Heckhoff entschuldigte sich bei dem 57-Jährigen.

Ebenfalls als Zeuge gehört wurde am dritten Prozesstag ein Ermittler der Polizei Köln. Das dortige Polizeipräsidium hatte den Auftrag, alle während der Flucht außerhalb der JVA Aachen begangenen Verbrechen aufzuklären. In seiner Aussage räumte der 46-Jährige ein, dass es auf Seiten der Ermittler zu einer Panne gekommen war.

"Außer Kontrolle" geraten

So hatte offenbar bereits bei der Festnahme von Heckhoff in Mülheim an der Ruhr die Möglichkeit bestanden, auch seinen Komplizen Michalski zu fassen. Beide seien observiert und dann in der Nähe ihres Fluchtautos gesichtet worden. Obwohl ein erhebliches Polizeiaufgebot im Einsatz gewesen sei, sei Michalski "außer Kontrolle" geraten.

Auf Nachfragen der Verteidigung, was damit genau gemeint sei, sagte der Ermittler, der 46-Jährige sei schlichtweg weggelaufen. Er konnte anschließend erst zwei Tage später auf einem Fahrrad in Schermbeck am Niederrhein gefasst werden.

Heckhoff und Michalski waren Ende November 2009 aus der JVA Aachen getürmt. Auf ihrer Flucht hatten sie in Köln, Essen und Mülheim mehrere Geiseln genommen. Heckhoff war am vierten Tag der Flucht in Mülheim an der Ruhr gefasst worden, sein Komplize Michalski zwei Tage später auf einem Fahrrad in Schermbeck am Niederrhein.

In dem Prozess wird den beiden Schwerverbrechern Menschenraub, Erpressung und Geiselnahme zur Last gelegt. Der mitangeklagte JVA-Bedienstete muss sich unter anderem wegen Gefangenenbefreiung und Bestechlichkeit verantworten. 17 Verhandlungstage sind angesetzt, das Urteil soll Mitte Juli verkündet werden.

(DDP/nbe)
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