Ungültige Zahlen Erste große Panne in 58 Jahren Lotto-Geschichte

Mainz · Nach 4614 Ziehungen sind erstmals ungültige Zahlen verkündet worden. Es war sowohl menschliches als auch technisches Versagen, das es so in fast 60 Jahren Lotto-Geschichte noch nicht gegeben hat.

 Das zwölfjährige Waisenkind Elvira Hahn zieht am 9. Oktober 1955 die ersten Lottozahlen noch per Hand. Die erste Zahl war übrigens die 13.

Das zwölfjährige Waisenkind Elvira Hahn zieht am 9. Oktober 1955 die ersten Lottozahlen noch per Hand. Die erste Zahl war übrigens die 13.

Foto: Westlotto

Moderatorin Heike Maurer, gerne auch Lottofee genannt, dachte zunächst an einen verspäteten Aprilscherz. Kurz nach der Lotto-Ziehung im ZDF am Mittwoch Abend hatte ihre Redakteurin sie angerufen und gebeten zurückzukommen.

Eine Panne sei passiert, die Ziehung damit ungültig. "Als der Ziehungsleiter mir das versichert hat, war ich erschüttert", sagt Maurer. "Dann habe ich Herzklopfen bekommen, weil ich mir natürlich sofort ausmalte, wie die Menschen am Bildschirm das empfinden werden. Vor allem die Menschen, die glaubten, gewonnen zu haben."

Tatsächlich waren bei der Ziehung um 18.50 Uhr zwei der 49 Kugeln auf dem sogenannten Schlitten des Ziehungsgeräts liegengeblieben. Statt der vorgesehenen "6 aus 49" waren also "6 aus 47" gezogen worden. Bemerkt hatte das während der Live-Sendung niemand der Anwesenden — weder der Ziehungsleiter noch die staatliche Aufsichtsbeamtin noch das ZDF-Team oder Moderatorin Heike Maurer.

Lichtreflexe oder einfach zu starke Studiolampen hätten alles überstrahlt, so der erste Erklärungsversuch. Laut Bodo Kemper, Sprecher von WestLotto, war es wohl eine Mischung aus technischem und menschlichem Versagen. "Es ist Aufgabe des Ziehungsleiters, den ordnungsgemäßen Ablauf der Ziehung zu garantieren und bei Problemen sofort einzugreifen", so Kemper. Das sei nicht passiert. Vielleicht, so seine Vermutung, habe sich auch eine gewisse Routine eingeschlichen. In der "heute"-Sendung um 19 Uhr wurde darauf hingewiesen, dass die Zahlen ungültig sind.

Beim ZDF bedauert man die Panne. Die zuständige Lottogesellschaft aus Rheinland-Pfalz sprach von einem "mehr als peinlichen" Vorgang. Bei dem üblichen Probelauf vor der Sendung habe das Ziehungsgerät einwandfrei funktioniert. Nun müsse herausgefunden werden, warum es zu dem technischen Defekt gekommen war. Der Hersteller aus dem Saarland werde das Gerät auf Herz und Nieren prüfen. "Das Gleiche werden auch die Kollegen von Lotto Hessen tun." Diese Gesellschaft sei für die Ziehung des Samstagslottos in der ARD zuständig und arbeite mit einem identischen Gerät.

Nach der Panne war die Ziehung um 19.24 Uhr ohne Beanstandungen wiederholt worden. Wie viele Tipper sich bei den ersten Zahlen schon zu früh gefreut haben, ist nicht bekannt. Einige Lottogesellschaften seien technisch gar nicht in der Lage, das zu ermitteln, sagte der Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz, Hans-Peter Schössler.

Bei Lotto in Bremen meldete sich gestern ein Spieler per E-Mail und behauptete, er habe sechs Richtige in der ersten Ziehung gehabt. Er habe aber keinen Tippschein vorgelegt, sagte eine Sprecherin. Nach Ansicht von Experten gibt es im Falle der irregulären Ziehung keinen Anspruch auf Gewinn. "Bei solchen Pannen wird keine Haftung übernommen. Wenn danach eine korrekte Ziehung erfolgt, zählt ausschließlich diese", sagte der Frankfurter Anwalt und Experte für Glücksspielrecht, Sotirios Georgikeas.

Angesichts von mehreren Millionen Lottospielern hielten sich die Beschwerden aber in Grenzen. Die Hotline von WestLotto verzeichnete bis zum Nachmittag nur rund 50 Anrufe. "Das hat mich auch extrem überrascht", sagt Bodo Kemper. Etliche Spieler beschwerten sich vor allem darüber, dass sie ihren Lottoschein nach der ersten Ziehung zerrissen hatten, aus Frust darüber, verloren zu haben. Bei der zweiten Ziehung aber hätten sie dann drei oder vier richtige Zahlen gehabt — nur keinen gültigen Schein mehr. "Wir bitten diese Spieler, die Schnipsel ihres Lottoscheins an uns zu schicken", sagt Kemper. "Auch anhand dieser Reste lässt sich von uns ermitteln, ob der Schein gültig ist." In diesem Falle werde man sich bei WestLotto kulant gegenüber den Spielern verhalten, so Kemper.

Bis zur Samstagsziehung will der Deutsche Toto- und Lottoblock die Fehlerkette analysieren und darüber nachdenken, wie sich das System optimieren lässt. Es ist die 3000. Samstagsziehung plus 1615 Mittwochsziehungen. Und es ist, so Kemper, die erste Panne dieser Art.

(RP/nbe/csi)
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