Unruhen greifen auf weitere Städte über Erster Toter bei Krawallen in London

London (RPO). Während der seit Tagen andauernden Krawalle in London ist erstmals ein Mensch ums Leben gekommen. Ein 26-jähriger Mann, der während der Unruhen am Montag im Stadtteil Croydon in seinem Auto eine Schussverletzung erlitten habe, sei im Krankenhaus gestorben, teilte die britische Polizei am Dienstag mit.

Zerstörungswut bei Krawallen in England
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Croydon ist ein Stadtteil im Süden von London, wo während der Unruhen mehrere Gebäude in Brand gesteckt worden waren. Die Ausschreitungen in London waren in der Nacht auf Dienstag eskaliert und hatten auf weitere Städte übergegriffen. Ganze Häuserzeilen stehen in Flammen, es gibt Plünderungen, Polizisten werden angegriffen. In London nahm die Polizei drei Personen unter dem Verdacht auf versuchten Polizistenmord fest.

Cameron ruft Abgeordnete zurück

Angesichts der schweren Krawalle hat Premierminister David Cameron das Parlament aus der Sommerpause zurückgerufen. Cameron verurteilte am Dienstag die Gewalt und beschrieb die Bilder aus den Straßen als widerwärtig. Die Polizei werde Verstärkung aus dem ganzen Land erhalten, alle Urlaubstage für die Beamten seien gestrichen worden, sagte der Premierminister.

Nach London und Birmingham haben sich die schweren Ausschreitungen in der Nacht auf Dienstag auch auf die Städte Liverpool und Bristol ausgebreitet. So wurden in der Hauptstadt die dritte Nacht in Folge Häuser und Autos in Brand gesteckt, Läden aufgebrochen und Beamte mit Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen. Premierminister David Cameron will aufgrund der Eskalation seinen Sommerurlaub abbrechen und nach London zurückkehren. Dort will er am Morgen an der Sitzung eines Nationalen Krisenkomitees teilnehmen. Die Hauptstadt Großbritanniens, der künftige Gastgeber für die Olympischen Spiele, steht unter Schock

Auslöser der Randale war der Tod des angeblichen "Gangster's" Marc Duggan, der vor fünf Tagen in Tottenham erschossen wurde. Es hieß zunächst, dass der 29-Jährige aus einem Taxi auf Polizisten gefeuert habe, als diese ihn verhaften wollten. Daraufhin sei er von einem Beamten getötet worden. Nach neuen Informationen hatten jedoch die Einsätzkräfte beide Schüsse abgegeben, Duggan habe allerdings eine Waffe mit sich geführt. Kurz nach dem Vorfall begannen die Ausschreitungen.

Randalierer fahren Polizisten an

In Brent im Norden der Hauptstadt ist ein Polizist am frühen Dienstagmorgen angefahren worden und musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Gemeinsam mit einem Kollegen - der leichte Verletzungen davon trug - hatte er nach der Plünderung eines nahe gelegenen Elektronikgeschäfts mehrere Fahrzeuge angehalten. Dabei sei ein Auto davon gefahren und habe den Beamten erfasst, teilte die Polizei mit. Das Fahrzeug sei später erneut gestoppt und drei Personen festgenommen worden.

Zu Ausschreitungen kam es in der Nacht auch in Birmingham, wo Dutzende Personen Geschäfte angriffen. In Liverpool und Bristol kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Im Londoner Stadtteil Hackney attackierten hunderte Jugendliche Geschäfte und zündeten Autos an. Plünderer erbeuteten Alkohol, Zigaretten, Süßigkeiten und Toilettenpapier.

"Das ist der Aufstand der Arbeiterklasse. Wir verteilen den Wohlstand um", sagte der 28-jährige Bryan Phillips, der sich selbst als Anarchist bezeichnet. Die Polizei sagte, dass 334 Personen festgenommen wurden. Gegen 69 sei Anklage erhoben worden, hieß es weiter. Erst gegen Morgen schien sich die Lage nach Aussage der Polizei wieder zu beruhigen.

Attacken werden über Soziale Netzwerke koordiniert

Viele der zumeist kleinen Gruppen von Jugendlichen nutzen SMS, Instant Messenger und Twitter, um ihre Angriffe zu koordinieren und sich einen Vorsprung vor der Polizei zu verschaffen.

Diese wies auf mögliche Festnahmen hin, falls jemand Nachrichten in Sozialen Medien veröffentliche, die zur Gewalt aufriefen. Der Londoner Notdienst berichtete, dass er 16 Personen behandelt habe, von denen 15 ins Krankenhaus eingeliefert worden seien.

Angesichts der zahlreichen Brände, die die Feuerwehr bekämpfen musste, warnte der Versorger Thames Water, dass einige seiner Kunden mit einem niedrigeren Wasserdruck rechnen müssten.

Wayne Rooney bittet um Ende der Gewalt

Wegen der Ausschreitungen in London ist das für Mittwoch angesetzte Länderspiel zwischen England und den Niederlanden abgesagt worden. Der Britische Fußball-Verband (FA) erklärte am Dienstag, er bedauere diese Entscheidung. Seit mehreren Tagen wird London von Krawallen und Plünderungen erschüttert.

Zuvor waren bereits andere Spiele abgesagt worden. Grund sei der Bedarf der Polizeikräfte an anderer Stelle, berichtete der betroffene Verein West Ham, der am Dienstag gegen Aldershot spielen sollte. Auch der Fußballclub Charlton im Süden Londons teilte mit, sein Spiel gegen Reading sei aus "Sicherheitsgründen" abgesagt worden. Der erste Spieltag der Premier League am Wochenende soll aber wie geplant stattfinden.

Englands Nationalstürmer Wayne Rooney hat indes via Twitter zur Beendigung der Gewalt in Englands Hauptstadt aufgerufen. "Das ist eine Schande für unser Land. Hört auf damit!", schrieb er.

Die Randale und Plünderungen hatten am Sonntagabend nahe der White Hart Lane, dem Stadion der Spurs, begonnen. Auslöser war eine zunächst friedliche Demonstration gegen Polizeigewalt. Am Montag weiteten sich die Krawalle auf zahlreiche andere Londoner Stadtteile aus.

(apd/RP/RTR/afp/ila/das)
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