Nationaler Bildungsbericht Es gibt einen Trend zu besserer Bildung — aber nicht für alle

Berlin · G8 oder G9, Inklusion, Fachkräfteausbildung – es gibt jede Menge Diskussionsstoff rund um das Thema Bildung. Aber wie steht es eigentlich um das deutsche Bildungssystem? Gar nicht so schlecht, sagt der neue Bildungsbericht von Bund und Ländern, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Aber es gibt noch immer einige Schattenseiten, denn nach wie vor werden zu viele Kinder und Jugendliche ausgegrenzt.

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Foto: dpa, Daniel Reinhardt

G8 oder G9, Inklusion, Fachkräfteausbildung — es gibt jede Menge Diskussionsstoff rund um das Thema Bildung. Aber wie steht es eigentlich um das deutsche Bildungssystem? Gar nicht so schlecht, sagt der neue Bildungsbericht von Bund und Ländern, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Aber es gibt noch immer einige Schattenseiten, denn nach wie vor werden zu viele Kinder und Jugendliche ausgegrenzt.

"Der Bildungsbericht ist Ermutigung und Auftrag zugleich", sagten übereinstimmend Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) bei der Vorstellung des Berichts. Denn die Wissenschaftler sehen das deutsche Bildungswesen in dem von Bund und Ländern in Auftrag gegebenen Gutachten "zwischen Bewegung und Stillstand".

Das Positive: In allen Bereichen ist ein Trend zu besserer Bildung zu verzeichnen. So werden mehr Kinder unter drei Jahren in die Kindertagesbetreuung geschickt. Es gibt mehr Abiturienten, mehr Studienanfänger und auch mehr Jugendliche, die an Weiterbildungen teilnehmen. Allerdings gibt es immer noch das alte Problem: Viele Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien sind nach wie vor benachteiligt, wenn es um den schulischen Weg und folgend auch den beruflichen Aufstieg geht.

29,1 Prozent der Kinder wachsen in sogenannter Risikolage auf

Zwar stellt der Bericht fest, dass es weniger Kinder gibt, die in einer sogenannten Risikolage (also Arbeitslosigkeit, Armutsgefährdung oder bildungsfernes Elternhaus) aufwachsen, dennoch ist die Zahl mit 29,1 Prozent nach wie vor enorm hoch. Auch können immer noch 18 Prozent der 15-jährigen Schulabgänger nur auf Grundschulniveau rechnen. Und 5,9 Prozent der Schüler verlassen die Schule ohne einen Abschluss. Auch die Abbrecherquote im Bachelor-Studium ist mit 28 Prozent recht hoch.

Ein weiterer Aspekt, den der Bericht beleuchtet, sind die Folgen des demografischen Wandels. Seit 1998 sei in Deutschland zwar die Zahl der Kindertageseinrichtungen und der Hochschulen gestiegen, doch die Zahl allgemeinbildender Schulen sei im gleichen Zeitraum um 19 Prozent gesunken. Die sinkenden Schülerzahlen, so stellt der Bericht fest, stellten viele Kommunen vor Probleme, ein Schulangebot bereitzustellen, das auch wohnortnah ist. Dies sei insbesondere im Osten Deutschlands ein Problem. Schulen in freier Trägerschaft kompensierten dieses Problem zumindest teilweise.

Auch hinsichtlich der Altersstruktur der Lehrerschaft sieht der Bericht vor Probleme. 2012 seien 37 Prozent der Lehrkräfte 50 Jahre und älter gewesen, im schulischen Bereich seien es sogar 48 Prozent. Es bestehe, so die Wissenschaftler, nach wie vor ein großer Bedarf an pädagogischem Personal.

Schwerpuntkthema Inklusion

Ein Schwerpunkt des diesjährigen Bildungsberichts ist ein Thema, das auch NRW in den vergangenen Monaten zunehmend beschäftigt hat: die Inklusion, also das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Menschen. Bei rund 493.000 Schülern in Deutschland sei ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Schulbereich festgestellt worden. Im Ländervergleich schwanke die Quote aber zwischen 4,9 und 10,5 Prozent deutlich.

Laut dem Bericht besuchen immer mehr Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen eine gemeinsame Schule, allerdings stellen die Wissenschaftler auch fest, dass der Anteil am gemeinsamen Lernen mit zunehmendem Alter deutlich abnimmt. So liege die Quote der Schüler, die eine sonderpädagogische Betreuung bräuchten, bei den frühkindlichen Einrichtungen bei mehr als zwei Drittel, in der Grundschule bei 44 Prozent, im Sekundarbereich I aber nur noch bei 23 Prozent.

Zudem wird bemängelt, dass das derzeit zur Förderung von behinderten Kindern und Jugendlichen eingesetzte Personal nicht immer fachlich einschlägig qualifiziert sei. In Kitas sei diese fachliche Qualifikation deutlich höher als in anderen Bildungsbereichen.

Bemängelt wird zudem das Fehlen eines Diagnoseverfahrens nach bundeseinheitlichen Kriterien und es wird mehr Abstimmung zwischen den Institutionen hinsichtlich der Hilfen gefordert. Außerdem raten die Autoren des Berichts davon ab, grundsätzlich eine Schließung der Förderschulen anzustreben. Solche Vorschläge, so heißt es, halte man "für einen Weg, der das Kind mit dem Bade ausschütten würde".

(das)
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