Jugendliche verschicken Nacktbilder per E-Mail Experten warnen Eltern vor "Sexting"-Trend

Berlin · Ein neuer Trend unter Jugendlichen sorgt bei Pädagogen für Alarmstimmung: Zahlreiche Schulleiter aus der niedersächsischen Kreisstadt Cloppenburg haben in einem Elternbrief vor dem sogenannten "Sexting" gewarnt. Dabei versenden Jugendliche erotische Fotos oder Nacktbilder von sich per Smartphone an Freunde oder laden sie in sozialen Netzwerken hoch. Der Trend kommt aus den USA.

Er sei am Rande des Unterrichts von Oberstufenschülern auf das neue Phänomen aufmerksam gemacht worden, sagte der Leiter eines Gymnasiums der dpa. "Bei den Schülern ist es so: Sie kennen das, aber es fehlt ihnen das Problembewusstsein." Lehrer und Eltern seien völlig überrascht gewesen.

Eltern sollten mit ihren Kindern darüber reden, wenn diese beim sogenannten Sexting mitmachen, erklärt Kristin Langer, Mediencoach der Initiative "Schau hin - Was dein Kind mit Medien macht". Häufig hätten Teenager ein sehr reduziertes Bild davon, wie sie beim anderen Geschlecht Eindruck schinden können. "An dieser Stelle müssen Eltern als Gegenpol auftreten und das Bild geraderücken."

Erwachsene könnten ihren Kindern erklären, dass die beim Sexting im Mittelpunkt stehende Körperlichkeit nur einen kleinen Teil der Sexualität ausmache. Bei den Jugendlichen dürfe nicht der Eindruck hängenbleiben: "Wenn ich will, dass mich jemand toll findet, muss ich ihm nur etwas von meinem Körper zeigen", warnt Langer. Das sei vor allem für Kinder belastend, deren Äußeres nicht dem gängigen Schönheitsideal entspreche. Stattdessen könnten Eltern erklären, dass es verschiedene Ausdrucksebenen zum Flirten gebe wie Sprache und Gesten.

Die Jugendlichen nutzen fürs Sexting - ein Kunstwort aus "Sex" und "Texting" - meist das Handy oder den Computer. Eltern könnten dies in den meisten Fällen bei ihrem technikaffinen Nachwuchs nicht verhindern. Zwar gebe es für Computer Sperrsoftware. Wesentlich sinnvoller sei aber, an die Einsicht der Jugendlichen zu appellieren.

Vielen sei nicht klar, welche Gefahren mit dem Verschicken der Bilder verbunden sind. Oft könnten die Daten Mobbing und in der Folge psychische Belastungen nach sich ziehen, sagt Langer. Generell ist der Austausch von pornografischen Bildern für Minderjährige auch im Einvernehmen verboten.

Schweiz steuert gegen

Gegen "Sexting" ist jetzt in der Schweiz eine landesweite Kampagne gestartet worden. Junge Menschen setzten sich mit dem Verschicken von Nacktaufnahmen über soziale Netzwerke oder via SMS erheblichen Gefahren aus, warnte die Stiftung Pro Juventute (Für die Jugend). Unter dem Slogan "Sexting kann dich berühmt machen. Auch wenn du es gar nicht willst" bietet die Stiftung Hilfe an.

Der Missbrauch intimer Fotos oder Videos sei eine der schlimmsten Formen von Cyber-Mobbing, sagte der Kinder- und Jugendpsychologe Urs Kiener: "Für Jugendliche kann es äußerst belastend sein, wenn intime Fotos von ihnen im Netz kursieren." Sie fühlten sich dann oft "extrem hilflos und verzweifelt".

Bei einer Umfrage unter Schweizer Jugendlichen gaben laut Pro Juventute sechs Prozent der Teilnehmer an, erotische Aufnahmen von sich verschickt zu haben. In anderen Ländern sollen es schon weit mehr sein. In Großbritannien erklärte laut der Zeitung "Daily Mail" kürzlich die Hälfte von 500 befragten Teenagern, intime Fotos per Handy erhalten zu haben; 40 Prozent gaben an, solche Aufnahmen von sich gemacht zu haben.

(dpa)
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