Fall Peggy "Das große Aber bleibt: Noch kennt keiner den Täter"

Lichtenberg · Mehr als 15 Jahre lang war die kleine Peggy verschwunden. Nun scheint es, als hätte die Suche nach dem Mädchen aus dem oberfränkischen Lichtenberg ein Ende. Doch die schwierige Suche nach dem Täter geht weiter.

Fall Peggy: Suche in Waldstück
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Der Fall Peggy - Suche in Waldstück

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In einem Wald rund 15 Kilometer vom früheren Wohnort entfernt fand ein Pilzsammler Knochen eines Kindes. Sie stammen höchstwahrscheinlich von der Schülerin, die am 7. Mai 2001 spurlos verschwand. Außerdem fanden die Polizisten Gegenstände, die auf die Neunjährige hindeuteten.

Ihren Schulranzen? Ihre Kleidung? Das wollen die Ermittler am Montag nicht verraten. Auch wenn der Tod des Mädchens wohl feststeht, fängt die Hauptarbeit der Polizei und der Staatsanwaltschaft nun erst richtig an: Sie müssen klären, wie Peggy zu Tode kam und den möglichen Täter finden.

"Es ist alles schlüssig"

Noch legt sich die Staatsanwaltschaft Bayreuth nicht eindeutig fest. "Wir halten es für höchstwahrscheinlich, es ist alles schlüssig", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel. Aber: "Es ist noch nicht hundertprozentig gewiss, deshalb warten wir für die endgültige Entscheidung die DNA-Ergebnisse ab." Und das könne dauern, bestätigt auch die Geraer Staatsanwaltschaft, die wegen des Fundortes in Thüringen eingeschaltet ist: "Angesichts des Umfangs der Untersuchung ist nicht vor Dienstagnachmittag mit einem belastbaren Ergebnis zu rechen", erklärt Oberstaatsanwalt Thomas Villwock.

Was wurde nicht alles unternommen, um das vermisste Kind zu finden.
Wochenlang wurde nach Peggy gefahndet, die Ermittler baggerten einen Hinterhof aus und öffneten sogar das Grab einer 81-Jährigen, weil sie dort das tote Mädchen vermuteten. Ein Mann wurde als Mörder verurteilt und wieder freigesprochen, dafür ein anderer verdächtigt. Alle Spuren führten ins Leere, bis der Pilzsammler am Samstag die Reste eines Skeletts entdeckte, in einem Wald bei Rodacherbrunn in Thüringen, an der Grenze zu Bayern.

Großeinsatz am Montag

Für die Polizei bedeutet das noch am Montag einen Großeinsatz:
Polizeibusse versperren den Waldweg, der zu der Fundstelle führt.
Eigentlich ein idyllischer, abgelegener Ort nahe des beliebten Höhenwanderweges Rennsteig. Jetzt ist zwischen den Bäumen rot-weißes Flatterband gespannt. Polizeiautos stehen überall. In der Ferne bellen Hunde, mit denen Polizisten den Wald durchstreifen. Einige Beamte tragen lange Stangen, mit denen sie die Gegend absuchen.

Rund 15 Kilometer weiter in Lichtenberg verbreitet sich die Nachricht von der Entdeckung des Skeletts wie ein Lauffeuer. Im Café am Marktbrunnen ist Peggys Schicksal Gesprächsthema Nummer eins. Die fünf älteren Damen, die beim Kaffee zusammensitzen, sind sich einig: "Wenn der Fall jetzt aufgeklärt ist, vielleicht haben wir dann endlich mal Ruhe", meint die 82 jährige Inge Kossach. Denn die Aufregung, da ist sich die Runde einig, war in den vergangenen Jahren schon groß. Trotzdem dämpft Kossach die Euphorie ihrer Bekannten: "Das große Aber bleibt", wirft sie skeptisch ein. "Noch kennt ja keiner den Täter."

Auch Café-Betreiberin Christine Rossel hofft, dass der Urlaubsort im Frankenwald zur Ruhe kommt. "Der Fall Peggy ist für uns ganz schwer gewesen. In den vergangenen 15 Jahren verging praktisch kein Tag, an dem Gäste von auswärts nicht gefragt haben, ob es im Fall Peggy was Neues gibt", sagt sie. "Ich hoffe, dass jetzt endlich Klarheit reinkommt und ein Schlussstrich unter die Sache gezogen wird."

"Auch eine Hoffnung, die zerstört ist"

Das Rätsel um Peggy, es scheint gelöst. Endlich eine Gewissheit, aber auch eine Hoffnung, die zerstört ist. Die Hoffnung nämlich, Peggy könnte leben, irgendwo. Jeden Tag schwirrten ihrer Mutter ähnliche Fragen durch den Kopf: "Wie sieht sie aus, wie groß ist sie, ist sie größer als ich?", sagte die Mutter vor gut einem Jahr in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY...ungelöst". Am 7. Mai 2001 war das Mädchen auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. "Wichtig ist einfach für mich, dass die Kripo meine Tochter findet." Hauptsache Klarheit, "dass wir überhaupt wissen, was passiert ist, dass wir einfach mal zur Ruhe kommen."

Seit diesem verhängnisvollen Tag grübelt die Mutter, was mit ihrer Peggy geschah, die fröhlich und lustig war, vielleicht etwas vorlaut.
Die ihr oft Blumen mitbrachte. Und die an diesem Tag nicht in die Schule wollte, sogar auf dem Weg kurz noch mal umkehrte und die Mutter mit den Worten umarmte: "Ich hab' dich lieb". Ein Innehalten im üblichen Morgenstress: "Ich hab' dich auch lieb und jetzt beeil' dich aber." Letzte Worte, über die die Mutter bis heute nachsinnt: "Es vergeht kein Tag, wo ich nicht an sie denke, wo ich darüber nachdenke, was wäre wenn...".

(dpa)
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