AfD-Mitglied leitete Flüchtlingsunterkunft Heimleiter von Clausnitz wird ausgetauscht

Clausnitz · Nach den fremdenfeindlichen Protesten vor einer Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz war auch der Heimleiter in den Fokus gerückt. Er hatte als AfD-Mitglied gegen die deutsche Asylpolitik gewettert. Nun wird er ersetzt. Pro Asyl befürchtet, dass bei der Vergabepraxis in Deutschland vieles im Argen liegt.

 Die Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz.

Die Flüchtlingsunterkunft in Clausnitz.

Foto: dpa, fpt fpt

Der Landrat des Landkreises Mittelsachsen, Matthias Damm, entschied nach Abstimmung mit dem Betreiber des Flüchtlingsheims, dass die Unterkunft in Clausnitz einen neuen Leiter bekommen soll. Wer die Funktion übernimmt, werde noch entschieden. Der in der Kritik stehende bisherige Leiter Thomas Hetze solle eine andere Aufgabe erhalten. "Wir haben die Entscheidung zum Schutz seiner Person und durch die bundesweite Diskussion über ihn getroffen", sagte Damm. Hetze könne eine nicht zu beanstandende Arbeit vorweisen.

Hintergrund der Kritik war unter anderem ein Bericht des MDR-Magazins "Exakt". Demnach hatte der Bruder Hetzes die Proteste vom Donnerstagabend vor der Unterkunft mitorganisiert. In einem Interview mit dem Magazin drückte er sein Bedauern aus und sagte: "Wir wollten nur sehen, wer kommt. Es war eine kurzfristige Aktion." Er und seine Mitstreiter aus dem Dorf hätten zeigen wollen, dass man nicht mit der Asylpolitik in Deutschland einverstanden sei. Dass die Situation eskaliert sei, habe man nicht gewollt — und nicht verhindern können.

"Ich wollte zwischen den Welten vermitteln"

Heimleiter Hetze wiederum bestritt in der "Bild"-Zeitung, die Information über die Ankunft der Flüchtlinge an die Protestierenden weitergegeben zu haben. "Von den pöbelnden Leuten stammen maximal 20 Prozent direkt aus dem Ort. Die anderen sind wohl aus der ganzen Region spontan angereist", sagte er der Zeitung. Auch er selbst stand zunehmend im Fokus der Kritik — unter anderem weil er sich als AfD-Mitglied bereits deutlich gegen die Asylpolitik der Bundesregierung geäußert hatte.

So zitierten Medien am Wochenende aus einer Rede, die Hetze im November vergangenen Jahres in Freiberg bei einer AfD-Veranstaltung gehalten haben soll. Demnach sprach Hetze von einem "ungezügelten hunderttausendfachen Einmarsch von Wirtschaftsflüchtlingen" und einem "Verbrechen an der deutschen Nation". In den sozialen Medien wird seither immer wieder die Frage aufgeworfen, wie so jemand Leiter eines Flüchtlingsheims werden kann.

In der "Freien Presse" sagt Hetze über sein Motiv, den Job zu machen: "Ich wollte zwischen den Welten vermitteln." Er wolle Menschen in Not helfen, aber das System als Ganzes halte er für gescheitert. Deshalb sei er auch Mitglied der AfD geworden. Der "Bild"-Zeitung wiederum sagte Hetze, er sei sich nicht sicher, ob es richtig gewesen sei, in die Partei — deren Mitglied er erst seit Dezember sei — einzutreten. "Vielleicht nicht, denn mittlerweile ist dort einiges ganz schön heftig", sagte er und stellt dann die Frage: "Kann man denn nicht gegen die Politik sein und trotzdem helfen?"

Landkreis verteidigte Einstellung zunächst

Dass Hetze Leiter der Flüchtlingsunterkunft geworden ist, hatten die Verantwortlichen zunächst noch verteidigt. Das Gespräch habe ergeben, dass Hetze für den Job qualifiziert sei, sagte etwa der Leiter der Asylstabstelle des Landkreises, Dieter Steinert der "Süddeutschen Zeitung". Von seiner Mitgliedschaft bei der AfD habe man zu dem Zeitpunkt nichts gewusst. "Erst danach gab es Gerüchte", sagte Steinert und fügte hinzu: "Solange er nicht gegen geltendes Recht verstößt, gibt es keine Probleme." Landrat Damm hatte der "Freien Presse" gesagt: "Ich beurteile Menschen nach ihren Taten und nicht danach, was sie denken." Für ein Fehlverhalten gebe es bisher keine Belege.

Nun aber muss Hetze gehen.

Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl, befürchtet, dass vieles im Argen liegt, wenn es um Mindestanforderungen in Bezug auf Flüchtlingsheime geht. Seiner Ansicht nach würden diese immer mehr zurückgeschraubt. Im Moment sehe es so aus, dass alle paar Wochen ein neuer Betreiber um die Ecke komme. "Die Firmen haben gar keine längere Tradition", sagt er. Umso schwerer entsprechend eine Prüfung.

Ein zusätzliches Problem sieht Mesovic darin, dass die zuständigen Kommunen die Aufträge nur noch selten auschreiben würden. "Die Bürgermeister und Landräte sagen einem auch ganz direkt: 'Wir müssen nehmen, was kommt.'" Damit wachse auch die Gefahr der Korruption. "Was soll dann im Endeffekt kontrolliert werden, wenn keine konkurrierenden Angebote eingeholt wurden?"

(das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort