Analyse Franz-Peter Tebartz-van Elst im Amt, aber außer Dienst

Limburg · Die Entscheidung des Papstes, dem Limburger Bischof eine Auszeit zu verordnen, stößt im deutschen Episkopat nicht auf ungeteilte Zustimmung. Einige hätten ein klareres Ende bevorzugt.

In dem 2012 erschienenen Buch "Werte wahren — Gesellschaft gestalten" stehen Sätze, die von Jorge Kardinal Bergoglio, der seit 13. März dieses Jahres Papst Franziskus heißt, geschrieben sein könnten. Die Sätze stammen aber aus der Feder von Limburgs Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, dem allerlei Beinamen gegeben werden, etwa: "der Umstrittene", "der Verschwender", "der Luxus-Bischof", gar "der Protz-Bischof". Besagte Sätze im Buch lauten: "Jesus Christus macht sich zum Diener aller und verdeutlicht, dass die erste Bedingung, das Brot des Lebens zu empfangen, nicht nur bedeutet, zu handeln wie er, sondern vor allem, zu werden wie er." Tebartz-van Elst schreibt weiter: "Anders können sich die Jünger Christi vor der Welt nicht zeigen. Wo sie untereinander zu Dienern geworden sind, sind sie auch befähigt, Diener der Welt und der Armen zu sein."

Franziskus, nach Aussage des vatikanischen Bulletins von gestern Mittag "über die Lage in der Diözese Limburg zu jedem Zeitpunkt umfassend und objektiv informiert", scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, dass Mitbruder Franz-Peter nicht zu jeder Zeit seines bischöflichen Dienstes an der Lahn die Nachfolge Jesu im Sinn gehabt habe; und dass wohl auch die Armen ihm aus dem Blickfeld gerieten bei seiner vertrackten, kostspieligen Leidenschaft für Wohnkomfort auf hohem, sündteurem Niveau.

Niemand, außer Erzbischof Robert Zollitsch, könnte bestätigen, dass dem Papst das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand, als ihm der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in der Vorwoche mit mündlichen Informationen und einem Stoß Unterlagen über die Limburger Zustände unter vier Augen berichtete. Man darf aber annehmen, dass der Papst, der "eine arme Kirche für die Armen" wünscht, seinen Kopf geschüttelt hat über die wundersame Geldverschwendung in der 650 000-Katholiken-Diözese Limburg; und dass Franziskus im Übrigen so wie die meisten deutschen Bischöfe, die vatikanische Bischofskongregation und fast die gesamte Gläubigen-Schar im Bistum Limburg der Meinung sind, Tebarz-van Elst könne seinen Dienst als Bischof nicht mehr glaubwürdig verrichten. Das Band des Vertrauens zwischen Kirchenvolk und Kirchenmann in Violett ist zerrissen. Oder ausgedrückt in Abwandlung eines berühmten Satzes aus der Welt der Politik: Es wuchs in Limburg seit Längerem auseinander, was nicht mehr zusammengehört.

Der Papst, zu dessen zahlreichen Titeln der des Summus Pontifex, des obersten Brückenbauers, zählt, hat die Brückenreste zwischen Bischof Tebartz-van Elst und dessen Bistum abgerissen. Was sich im diplomatisch gedrechselter vatikanischer Sprache wie eine Art Beurlaubung liest, wird von den Kundigen rund um Sankt Peter, im deutschen Episkopat und bei Kirchenrechtlern so interpretiert: Der Papst ordnet zum einen für den ins Gerede gekommenen Bischof eine Auszeit an, und zwar nicht im Dunstkreis des Limburger Domberges, sondern gehörig davon entfernt. Außerdem setzt er mit sofortiger Wirkung den Priester, Wiesbadener Stadtdekan und Maschinenbauer Wolfgang Rösch zum Generalvikar, das heißt zum Übergangs-Bistumschef für die laufenden Geschäfte ein. Rösch, der Mann von außen, sollte seinen Dienst ursprünglich am 1. Januar antreten. Als Generalvikar hat Rösch nicht die volle Amtsgewalt eines geweihten Bischofs; so darf Rösch beispielsweise keine Pfarrer ins Amt einsetzen.

Da im vatikanischen Bulletin nichts davon steht, dass Tebartz-van Elst nach einer Phase der Besinnung wieder an seine Wirkungsstätte zurückkehren werde, meinen Deuter, es handele sich um das, was man bei politischen Beamten "Versetzung in den einstweiligen Ruhestand" nennt. Auf Limburg bezogen sagte Domdekan Günther Geis, es sei eine Vertrauenskrise entstanden, die schwer zu beheben sein werde. Also wird Limburg 2014 einen neuen Bischof bekommen, sobald die Prüfkommission der Bischofskonferenz das Ausmaß der Geldverschwendung und die Verantwortlichkeiten seriös ausgeleuchtet hat. Dass womöglich neben dem erstverantwortlichen Diözesanbischof Tebartz-van Elst noch weitere Herren gravierende Fehler begangen haben, würde dem auf unbestimmte Zeit abwesenden Tebartz-van Elst die Fortsetzung der Karriere in Limburg nicht sichern. Realisten verwendeten deshalb gestern häufig die Wendung, das Bistum Limburg falle nun nicht ins Chaos, weil der neue Generalvikar installiert sei, aber klar sei auch: Man sei eine Bischofskirche, und als solche benötige man bald einen Bischof. Dass es ein neuer und nicht etwa der alte sein möge, war herauszuhören.

Auch Kirchenrechtler Thomas Schüller hält eine Rückkehr Tebartz-van Elsts für ausgeschlossen. Der Papst habe die Zügel in die Hand genommen, er sei faktisch jetzt Bischof von Limburg. Schüller zeigte Verständnis dafür, dass Franziskus nicht tat, was Teile der Deutschen Bischofskonferenz gern gesehen hätten: in der Sache ein Ende mit Schrecken zu dekretieren. Tebartz-van Elst habe durch das Bekanntwerden der Verschwendung sowie juristische Vorwürfe (Falschaussage) rund um einen Flug nach Indien als Erste-Klasse-Passagier dem Ruf der katholischen Kirche in Deutschland geschadet. Ein Bischof, der seiner Kirche schade, statt ihr zu dienen, sei ein Widerspruch in sich und gehöre vom Papst entpflichtet. Es gab allerdings auch Stimmen, die meinten, wenn die Kirche und ihr neuer Papst immerzu Barmherzigkeit predigten, dürften sie Geistliche wie Tebartz-van Elst von dieser christlichen Grundtugend nicht ausschließen. Insofern habe Franziskus auch ein Exempel der Barmherzigkeit statuiert und den Bischof nicht ad hoc den heulenden Wölfen einer erregten Öffentlichkeit überlassen.

(RP)
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