Nachbarschaftsstreit eskalierte Fünf Menschen in Münchnen angeschossen - danach Selbstmordversuch

München (rpo). Weil ein Nachbarschaftsstreit eskalierte, griff ein älterer Mann in München zur Waffe und drückte ab. Dabei wurden fünf Menschen verletzt. Der Schütze verschanzte sich anschließend in seiner Wohnung. Dort versuchte er sich mit einem Schuss in den Kopf selbst zu töten. Bei der Polizeiaktion kam es zu beinahe tödlichen Verwirrungen.

Schießerei in München
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Foto: AP

Horror in einem Münchner Mietshaus: Die Wut über den Lärm seiner Nachbarn hat einen 66-Jährigen Rentner zum Amokläufer werden lassen. Knapp 30 Mal feuerte Walter S. mit einem Gewehr durch die Wohnungstüren seiner Nachbarn und schoss auf zwei Bewohner im Treppenhaus.

Ein 54-jähriger Bosnier der dem ausgerasteten Rentner das Gewehr aus der Hand riss, hätte seinen Heldenmut fast mit dem Leben bezahlt: Ein bereits zum Tatort geeilter Polizist schoss auf den Helfer, weil er ihn wegen der Waffe in der Hand für den Täter hielt. Bilanz der Bluttat: Fünf teils Schwerverletzte.

Am Montagvormittag um 10.45 Uhr alarmierten Anwohner der ehemaligen Eisenbahnersiedlung unweit des S-Bahnhofs München-Laim die Polizei: In ihrer Straße werde geschossen. Der Rentner ging offenbar besonders heimtückisch vor: Wie Zeugen der Polizei berichteten, klingelte er bei seinen Nachbarn, bevor er abdrückte. Mehrmals schoss er durch jede Wohnungstür: Ein deutscher Nachbar des Mannes erlitt einen gefährlichen Bauchschuss, ein 31-jähriger Slowene kam mit einem Unterarmschuss davon.

Nichts ahnend kam zur gleichen Zeit der 54-jährige Bosnier mit seinem 24-jährigen Sohn nach Hause. Nach Polizeiangaben feuerte der Rentner auf beide im Treppenhaus: Der 24-Jährige wurde von einer Kugel in den Hals getroffen und schwer verletzt. Sein Vater stürzte sich auf den Schützen: "Er schlug ihn mehrfach ins Gesicht und nahm ihm das Gewehr ab", berichtet Polizeisprecher Peter Reichl. Der Täter konnte in seine Wohnung flüchten, während der Vater nach draußen rannte.

Inzwischen war eine erste Zivilstreife vor Ort und erlag einem tragischen Irrtum: Als einer der Beamten den 54-Jährigen mit dem Gewehr erblickte, habe er gerufen, er solle die Waffe fallen lassen: "Da war er nicht schnell genug", sagt Polizeisprecher Reichl. Allerdings hatte der Retter Glück im Unglück - offenbar dank der Schützenkünste des Beamten: Ein gezielter Schuss aus der Polizeiwaffe traf ihn nur in den Oberarm.

Für die Polizei stellte sich die Lage nun dramatisch dar: "Bei Amokschützen muss man davon ausgehen, dass sie ein ganzes Arsenal an Waffen haben", sagt Reichl. Die Meldung machte die Runde, der Täter habe sich in seiner Wohnung verbarrikadiert. Weit über hundert Beamte riegelten den halben Stadtteil Nymphenburg um den Münchner Hirschgarten-Park weitgehend ab. Polizisten mit Schutzwesten und Maschinenpistole in der Hand patrouillierten durch die Straßen.

Schüler durften eine nahe Schule nicht verlassen, die Straßen waren wie ausgestorben. Zwei Polizeihubschrauber kreisten über dem Viertel, während das schwer bewaffnete Sondereinsatz-Kommando Südbayern in dunklen VW-Bussen am Tatort eintraf.

Der stark blutende 24-jährige Bosnier und sein Vater wurden inzwischen an einem Mülltonnen-Häuschen von Nachbarn mit Handtüchern versorgt, wie eine Anwohnerin berichtete: "Der junge Mann sagte, er bekommt kein Luft mehr." Wohnung für Wohnung durchkämmten die SEK-Beamten den Aufgang des frisch sanierten Mehrfamilienhauses der Herthastraße 21.

"Auf fast jedem Treppenabsatz lagen Patronenhülsen", sagt Polizeisprecher Reichl. "Der Täter muss wild um sich geschossen haben." Die Wohnungstüren seien vom Erdgeschoss bis in den zweiten Stock, wo der der Rentner wohnte, regelrecht von Kugeln durchsiebt worden. 25 bis 30 Mal habe der Rentner sein Repetier-Gewehr vom Kleinkaliber 22 durchgeladen und abgedrückt.

Nachdem die Rettungskräfte die anderen Verletzten in Sicherheit bringen konnten, entdeckten SEK-Beamte knapp eine Stunde nach den ersten Schüssen den Rentner mit blutigem Gesicht auf der Eckbank seiner Küche sitzend. Reichl: "Er ließ sich widerstandslos festnehmen."

Täter erlitt Herzattacke

Als Motiv nimmt die Polizei einen klassischen Nachbarstreit an: "Er hat sich über den Lärm beklagt, den seine ausländischen Mitbewohner verursacht haben sollen", erklärt Polizeisprecher Andreas Ruch. "Der Täter hat schon ewig in dem Haus gewohnt und heute ist er völlig ausgerastet."

Auch als die Beamten den Rentner mit dem Notarzt unter Polizeibewachung abtransportiert hatten, waren sie sich nicht endgültig sicher, ob diesmal den richtigen Täter erwischt haben: Noch eine Stunde durchsuchten SEK-Beamte das Haus, bis gegen 13.40 Uhr endgültig Entwarnung gaben.

Während seine Opfer laut Polizei am Nachmittag teils nach Notoperationen außer Lebensgefahr waren, befand sich nun der Täter in kritischen Zustand: Er erlitt nach Angaben eines Polizeisprechers auf der Fahrt ins Klinikum eine Herzattacke.

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