OLG urteilt für Kindsmörder Gäfgen erhält Entschädigung für Folterandrohung

Frankfurt/Main · Das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main hat dem Kindsmörder Magnus Gäfgen am Mittwoch einen Schadenersatz in Höhe von 3000 Euro zugesprochen. Damit bestätigte der 1. Zivilsenat das Urteil der Vorinstanz.

OLG urteilt für Kindsmörder: Gäfgen erhält Entschädigung für Folterandrohung
Foto: dpa, Frank Rumpenhorst

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt sei nicht zu beanstanden, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Stump und verwies auch auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), wonach die Gewaltandrohung rechtlich "spürbare Folgen" habe müsse.

Gäfgen hatte den elfjährigen Jakob vom Metzler im September 2002 in seine Wohnung gelockt und erwürgt. Nach seiner Festnahme war Gäfgen in einem Verhör Gewalt angedroht worden, damit er das Versteck des Jungen preis gibt. Die Polizei war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der Junge zu diesem Zeitpunkt noch lebte.
Das Landgericht Frankfurt verurteilte Gäfgen 2003 zu lebenslanger Haft.

2006 entschloss sich der Kindsmörder aus dem Gefängnis heraus zu einer Schadenersatzklage wegen der Gewaltandrohung beim Verhör am 1.
Oktober 2002. In erster Instanz hatte das Gericht das Land Hessen "wegen schwerer Verletzung der Menschenwürde" zu einer Zahlung von 3.000 Euro plus Zinsen verurteilt. Das Land lehnte die Zahlung ab und legte Berufung ein.

Mehrstündige Beratung vor Urteil

Das Oberlandesgericht machte sich die Entscheidung am Mittwoch nicht einfach. Nach einer kurzen Verhandlung am Vormittag, bei der auch Gäfgen anwesend war, zog sich der 1. Zivilsenat zu einer mehrstündigen Beratung zurück. Das Land Hessen hatte zuvor insbesondere moniert, Gäfgen habe gar keinen Anspruch auf das Geld, weil er persönlich insolvent sei und somit nur der Insolvenzverwalter des 37-Jährigen klageberechtigt sei.

Der Senat wies die Ausführung des Landes zurück. Gäfgens Klage sei durch das Prozessrecht gedeckt und keinesfalls verjährt. Die Zuerkennung einer "symbolischen Geldentschädigung" sei erforderlich, damit die vom EGMR geforderten "spürbaren Folgen" eintreten.
Andernfalls hätte Gäfgen erneut vor den EMRK ziehen dürfen, betonte Richter Stump.

Gegen das Urteil wurde keine Revision zugelassen. Da der Streitwert unter 20.000 Euro liegt, kann auch keine Beschwerde eingelegt werden und das Urteil ist somit bindend.

Aktenzeichen: Az. 1 U 201/11

(dpa)
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