Proteste gegen Pickup-Artist Geldverdienen mit sexueller Nötigung

Düsseldorf · Julien Blanc ist "Pickup-Artist". In Seminaren und Videos zeigt er Männern, wie sie Frauen aufreißen können - auch mit Gewalt. In Australien hat er deswegen bereits Einreiseverbot bekommen. An diesem Wochenende soll Blanc ein Seminar in Berlin geben. Jetzt mobilisert sich auch in Deutschland Protest.

 Julien Blanc bezeichnet sich selbst als Pickup-Artist - und wird in den Medien bereits als der meistgehasste Mann der Welt gehandelt.

Julien Blanc bezeichnet sich selbst als Pickup-Artist - und wird in den Medien bereits als der meistgehasste Mann der Welt gehandelt.

Foto: RSDJulien/ YouTube

"Als weißer Mann kannst du in Tokyo machen, was du willst", sagt Julien Blanc in einem Video, das im Internet kursiert. "Greif dir die Frauen einfach und, um den Druck raus zu nehmen, sagst du Pikachu oder Pokemon". Die Männer, die ihm zuhören, sind gebannt. Sie amüsieren sich über Blancs Geschichte. "Dann bin ich durch die Straßen gelaufen und habe ihre Köpfe einfach gepackt und gegen meinen Schwanz gedrückt", erzählt der Pickup-Artist weiter. Wieder lachen die Männer. Doch die Geschichte ist kein Witz. Das zeigt die nächste Szene des Videos, in der zu sehen ist, wie Blanc tut, was er sagt - und das mit vielen verschiedenen japanischen Frauen.

Falls sich eins noch nicht ganz sicher ist #RapeCoachVerhindern https://t.co/VICQnlU7wR

Julien Blanc ist sogenannter Pickup-Artist. Als Trainer für die Firma Real Social Dynamics (RSD) bringt er Männern, die bislang erfolglos oder schlicht zu schüchtern waren, bei, Frauen anzusprechen - und ins Bett zu kriegen. Einen Abschluss irgendeiner Art müssen Trainer wie er dafür nicht haben. Wie es auf der Internetseite von RSD heißt, wird das Können der Mitarbeiter dadurch sichergestellt, dass sie regelmäßig vor ihren Chefs demonstrieren, "wie sie Frauen treffen, anziehen und verführen und zwar schnell, einfach und konsequent."

Wie man richtig aufreißt, bringt Blanc Männern in sogenannten Bootcamps bei. Dass er dabei Nötigung und Gewalt durchaus einsetzt, zeigen verschiedene Videos, die er selbst unter dem Hashtag #ChokingGirlsAroundTheWorld veröffentlicht hat ("Mädchen würgen rund um den Globus").

In seinen Tweets, die im Rahmen des Protests bewusst in den sozialen Medien gestreut werden, verwendet Blanc sogar mehrfach den Begriff Vergewaltigung ("rape").

Just a few reasons to #takedownjulienblanc He gives lectures on doing this stuff. pic.twitter.com/zHHKadqCAZ

Sein Twitter-Profil hat der Pickup-Trainer inzwischen umgestellt. Jetzt sind seine brutalen Ratschläge nur noch für den speziellen Kreis seiner Schüler sichtbar.

Blanc ist nur einer von vielen Trainern, die Männern erklären wollen, wie sie Frauen überwältigen. RSD gibt weltweit Seminare und Ratschläge in YouTube-Videos. Die Kosten für ein solches Aufreißer-Training liegen bei bis zu 3000 Dollar. Viele der manipulativen Techniken sind aus therapeutischen Ansätzen abgeleitet, wie etwa aus dem Neuro-linguistischen Programmieren (NLP). Sie zielen also darauf ab, Menschen emotional zu packen - was sie in den falschen Händen umso gefährlicher macht.

We still need #feminism because this guy made money teaching men that this was a 'checklist' #takedownjulienblanc pic.twitter.com/floDE1Pnhu

Nun ist bekannt geworden, dass RSD ein Bootcamp in Berlin abhalten will. Trainer soll ein Mann namens "Ozzie" sein. Er ist Autor des Buches "The physical Game". Der Untertitel lautet: "Wie Sie Frauen physisch führen und ins Bett bekommen."

Doch die anscheinend Gewalt gegen Frauen verherrlichenden Methoden der Pickup-Trainer sorgen weltweit immer mehr für Protest. Auf Twitter wird unter den Hashtags #takedownrsd und #takedownjulienblanc zu Demonstrationen gegen die Seminare aufgerufen. Wie die Initiatorin des Hashtags der BBC sagte, sei Ziel dieser Aktion, dass die Firma verschwinde.

Auch deutsche Politiker schließen sich dem Protest an. So sagte Gesine Agena, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, "Spiegel Online": "Sexualisierte Gewalt an Frauen darf nicht toleriert werden. Wir fordern Hotels und andere Anbieter dazu auf, ihre Räumlichkeiten nicht für gewaltverherrlichende Bootcamps der Firma RSD zur Verfügung zu stellen." Auch laut SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert haben Männer wie Julien Blanc in Deutschland nichts verloren. Deswegen ist inzwischen ein Einreiseverbot gegen ihn in der Diskussion, und das nicht nur in Deutschland.

Auch in Kanada wird diese Forderung immer lauter. Dort sind in den kommenden Wochen ebenfalls RSD-Seminare angesetzt. Die gleichen Bestrebungen gibt es in Japan, England und Singapur. Dort formen sich Proteste in den sozialen Netzwerken und durch Frauenrechtler. Australien hat bereits reagiert. In Melbourne verhinderte eine Internet-Petition mit über 44.000 Teilnehmern und eine wütende Menge vor dem veranstaltenden Hotel eines von Blancs Seminaren. Daraufhin setzten ihn die australischen Behörden auf die Liste unerwünschter Personen und entzogen Blanc das Visum. Auf brasilianischen Boden darf der Pickup-Trainer seit heute ebenfalls keinen Fuß mehr setzen.

Seine Parolen und Lehren bleiben jedoch vorerst erhalten. Stellung wollte RSD gegenüber den Medien bislang nicht beziehen. Fraglich ist, wie Meinungsfreiheit im Kontext solcher Ereignisse gesehen werden muss. Die Münchner Stadträtin Lydia Dietrich beurteilt den Pickup-Trainer angesichts seines anstehenden Seminares in der bayerischen Hauptstadt so: "Die Inhalte von Blancs Seminaren sind ein offener Aufruf zur Misshandlung und Erniedrigung von Frauen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit lässt viel Raum. Doch dieses Grundrecht endet da, wo es dazu missbraucht wird, zu Straftaten aufzurufen und Frauen ihrer Menschenwürde zu berauben."

(ham )
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort