Geldstrafe für Versandhändler Gericht verbietet Hakenkreuze in Anti-Nazi-Symbolen

Stuttgart (rpo). Das Landgericht Stuttgart hat einen Versandhändler zu einer Geldstrafevon 3600 Euro verurteilt, weil er Anti-Nazi-Symbole mit verfremdeten Hakenkreuzen verkauft hat. Der Händler hatte unter anderem Anstecker, Aufnäher und T-Shirts mit durchgestrichenen und zerschlagenen Hakenkreuzen im Angebot.

Die Richter sahen am Freitag den Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen als erwiesen an. Durch eine "kommerzielle Massenverbreitung" solcher Symbole bestehe die Gefahr der Wiedereinbürgerung des Hakenkreuzes, betonte der Vorsitzende Richter Wolfgang Küllmer. Der Angeklagte kündigte an, in Revision zu gehen.

Der 32-jährige Unternehmer aus Winnenden vertreibt über seinen Online-Shop "Nix Gut" unter anderem Anstecker, Aufnäher und T-Shirts mit durchgestrichenen oder zerschlagenen Hakenkreuzen. Die Produkte finden vor allem in der antifaschistischen Szene als Zeichen gegen Neonazis und Rassismus Verwendung. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart vertrat in ihrer Anklage die Auffassung, dass das Zeigen eines Hakenkreuzes unabhängig von der Absicht des Trägers strafbar ist, auch wenn das Symbol verfremdet wird. Dem schloss sich das Gericht im vollen Umfang an.

Die Geldstrafe wurde in 90 Tagessätze à 40 Euro aufgeteilt, womit ein Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis ausbleibt. Richter Küllmer sagte zur Urteilsbegründung, die verfremdeten Hakenkreuze seien dem Original "erkennbar nachgebildet". Dass sie zu einem großen Teil "eindeutig und unmissverständlich" gegen Nazis gerichtet seien, spreche nicht gegen eine Verurteilung. Dem Gesetzgeber gehe es um eine "grundsätzliche Tabuisierung" von nationalsozialistischen Kennzeichen.

Der Richter fügte mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung hinzu, Ausnahmen im Rahmen der freien Meinungsäußerung seien nur angebracht, "wenn ein konkreter Bezug zu einem kritikwürdigen Verhalten anderer besteht". "Hier ist die Gefahr des Gewöhnungseffekts aber dermaßen groß, dass die Meinungsfreiheit zurücktreten muss", betonte er. Strafmildernd wertete er den Umstand, dass sich der Angeklagte neben wirtschaftlichen Erwägungen "im starken Maße" von seiner antifaschistischen Überzeugung habe leiten lassen.

Eine endgültige Entscheidung in dem bundesweit beachteten Fall muss voraussichtlich der Bundesgerichtshof (BGH) treffen. Der Versandhändler äußerte die Hoffnung, dass er dann freigesprochen wird. Die Argumente des Landgerichts kritisierte er als "teilweise fadenscheinig". Auch die FIFA habe durchgestrichene Hakenkreuze bei der Fußball-Weltmeisterschaft verwendet. "Es muss mit gleichen Mitteln gemessen werden", forderte der 32-Jährige.

Die Anklagebehörde zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. "Was unter dem Hakenkreuz geschehen ist, ist zu schrecklich, um es als modisches Accessoire zu verwenden", sagte Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler. Die Staatsanwaltschaft hatte mit ihrem Verfahren gegen den Händler bei Politikern von SPD und Grünen scharfe Kritik ausgelöst. Grünen-Chefin Claudia Roth hatte sich aus Protest selbst angezeigt, weil sie in der Öffentlichkeit ein durchgestrichenes Hakenkreuz trug.

(afp)
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