Bis zu 200 Prozent mehr Gewalttaten Justizminister wollen Rechtsextremisten besser bekämpfen

Berlin · Rechtsextrem motivierte Straftaten sollen konsequenter verfolgt werden. Darauf haben sich die Justizminister aus Bund und Ländern geeinigt. Je nach Art der Delikte habe es bei rechten, linken und islamistischen Gewalttaten Steigerungsraten von bis zu 200 Prozent gegeben.

 Heiko Maas stellte die Pläne in Berlin vor.

Heiko Maas stellte die Pläne in Berlin vor.

Foto: dpa, mkx kno

Diese Zunahme sei "eine Schande", die eine entschlossene Antwort des Rechtsstaats "bitter nötig" mache, erläuterte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). In einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Erklärung der Justizminister hieß es, Deutschland erlebe "eine Welle politisch motivierter Gewalt", die den gesellschaftlichen Frieden bedrohe. Zwar stiegen die Fallzahlen extremistischer Vorgehensweisen in mehreren Millieus an, hervorstechend sei aber die Zunahme rechtsextremer Gewalt, die sich am häufigsten "gegen Leib und Leben" der Opfer richte, betonte Maas.

Linksextreme Taten seien dagegen häufig Resultat einer besonders im Internet beobachtbaren "Schaukelwirkung", bei der auf Rechtsextreme reagiert werde. Da sich extremistische Tendenzen gegenseitig verstärkten, könne jedoch die Eindämmung eines Unterbereiches zu einer generellen Entspannung führen, sagte Maas weiter.

Die Justizminister kündigten verschiedene Maßnahmen an, bei denen gründlicherer Informationsaustausch zwischen Ländern und Generalbundesanwalt sowie bessere statistische Erfassung von Hasskriminalität im Vordergrund standen. Diskutiert wurde auch eine Prüfung der Personalausstattung der Justiz in Bund und Ländern, wo möglicherweise Neueinstellungen nötig würden.

Zudem könnten bei den Staatsanwaltschaften der Länder weitere Sonderdezernate geschaffen werden, die zielgerichtet gegen politisch motivierte Gewalt vorgingen. Außerdem sollten bisher teils uneinheitliche IT-Systeme der Behörden angeglichen und bei statistischer Erhebung verstärkt nicht nur die Deliktart, sondern auch die Tätermotivation erfasst werden.

Befürwortet wurde auch der verstärkte Einsatz von Belohnungen zur Täterermittlung bei Brandanschlägen und eine konsequentere Vollstreckung verhängter Freiheitsstrafen. Diese sollten "unverzüglich nach Rechtskraft" angetreten werden.

Weiterer zentraler Diskussionspunkt waren technische und juristische Schwierigkeiten, die sich durch Online-Hasskriminalität ergäben. Die Justizminister einigten sich darauf, den Auskunftsanspruch gegenüber Betreibern sozialer Netzwerke wie Facebook zu erhöhen. Hier seien Urheber von Straftaten oft besonders schwer zu ermitteln, eine bessere Handhabe für Ermittler durchzusetzen hielt Maas jedoch für "juristisch praktikabel". Opfer von Straftaten sollten zudem Hilfestellung bei der Verfassung von Anzeigen erhalten.

Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sagte, Betreiber sollten künftig eine "ladungsfähige Adresse" vorhalten und außerdem schärfere Vorschriften zur Dokumentation der Vorgänge auf ihren Portalen bekommen. Damit solle der Hergang extremistischer Taten klarer nachweisbar und strafrechtlich verwendbar werden.

Zudem sei auch eine technische Aufrüstung der Strafverfolgungsbehörden in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro diskutiert worden. Dies sei nötig, um etwa Verschlüsselungstechniken bei "konspirativen" Aktionen im Internet nicht zum unüberwindbaren Hindernis für Ermittler werden zu lassen, sagte Heilmann.

Maas räumte ein, der "Kampf gegen Extremisten und Hetzer" sei juristisch allein nicht zu gewinnen. Es sei eine "große Gemeinschaftsaufgabe von Politik und Zivilgesellschaft", gegen Hasskriminalität vorzugehen. Die "schweigende Mehrheit in der bürgerlichen Mitte" dürfe nicht länger schweigen und müsse Extremismus "zu Hause, auf der Arbeit oder im Sportverein" entgegentreten.

(haka/AFP)
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