Todesdrohungen gegen Paar Mutmaßliche Neonazis geben sich ahnungslos

Hoyerswerda · In Hoyerswerda sitzen acht mutmaßliche Rechtsextreme auf der Anklagebank, weil sie ein Paar bedroht haben sollen. Die Opfer hatten sich gegen Rechts engagiert. Vor dem Richter geben sich die Beschuldigten ahnungslos.

 Einer der Angeklagten im Prozess.

Einer der Angeklagten im Prozess.

Foto: dpa, Danilo Dittrich

Schweigen und Leugnen: Acht wegen Bedrohung und Beleidigung angeklagte mutmaßliche Neonazis haben zum Auftakt des Prozesses in Hoyerswerda weitgehend Erinnerungslücken geltend gemacht. Die Männer im Alter zwischen 18 und 36 Jahren sollen sich laut Anklage im Oktober 2012 vor der Wohnung eines damals 33 Jahre alten Mannes zusammengerottet und Todesdrohungen gegen ihn ausgesprochen haben. Der gleichaltrigen Freundin des Mannes hätten sie mit Vergewaltigung gedroht, heißt es in der Anklageschrift.

Das Paar hatte sich gegen Rechtsextremismus engagiert und nach eigenem Bekunden mitten am Tag Nazi-Aufkleber in Hoyerswerda entfernt. Der Fall erregte damals bundesweit Schlagzeilen, weil die Polizei den Opfern nahegelegt hatte, aufgrund der Bedrohung die Stadt zu verlassen. Das wurde als Kapitulation vor dem Rechtsextremismus empfunden.

Der Prozessauftakt verzögerte sich am Dienstag zunächst, weil einer der Beschuldigten nicht erschienen war. Richter Michael Goebel ließ den Mann an seinem Wohnort in Bautzen von der Polizei abholen. Erst nach stundenlanger Unterbrechung wurde die Anklageschrift verlesen.

Nur drei der Beschuldigten wollten sich zu den Vorwürfen äußern. Sie gaben zu Protokoll, an dem betroffenen Abend betrunken gewesen zu sein. Nach Darstellung eines der mutmaßlichen Täter fand die ganze Aktion geradezu im Vollrausch statt.

Die beiden Opfer, die den Prozess auch als Nebenkläger verfolgen, gehen dagegen von einer gezielten Aktion aus. Davon ist auch die Staatsanwaltschaft überzeugt. Rechtsanwalt Klaus Bartl, der die beiden Opfer vertritt, sieht in dem Vorgehen der Täter einen schweren Landfriedensbruch.

Tatsächlich sollen mehrere Beschuldigte zunächst die Hausbeleuchtung und später auch die Sicherungen herausgedreht, sowie die Hausspione der Türen im Treppenhaus zugeklebt haben. Das alles spricht aus Sicht der Opfer für eine vorbereitete Aktion.

Am späten Dienstagnachmittag war noch unklar, ob der Prozess wie geplant am gleichen Tag abgeschlossen werden kann. Mehr als sechs Stunden nach Prozessauftakt hatte Richter Goebel noch nicht einmal die dritte von 14 geplanten Zeugenvernehmungen beendet. Außerdem schloss die Nebenklage nicht aus, weitere Zeugen zu bestellen.

Die Festlegung des Gerichts auf nur einen Sitzungstag hatte schon im Vorfeld Zweifel ausgelöst. Die Opfer waren erstmals seit den Geschehnissen wieder in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. Das Paar lebt heute an einem geheim gehaltenen Ort.

(dpa)
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