Druck auf Pädagogen Immer mehr Eltern klagen gegen Zeugnis-Noten

Düsseldorf · Heute gibt es in NRW Zeugnisse. Viele Eltern machen die Lehrer für schlechte Noten verantwortlich. Die CDU fordert mehr Transparenz.

Was tun bei schlechten Noten?
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Foto: dpa, Michael Löwa

Die Lehrerverbände in Nordrhein-Westfalen beklagen, dass Eltern bei der Notenvergabe für ihre Kinder zunehmend Druck auf die Pädagogen ausüben. "Die Zahl der Klagen über angeblich zu schlechte Zensuren nimmt von Jahr zu Jahr immer stärker zu", sagt Brigitte Balbach, Landesvorsitzende von Lehrer NRW.

Um Konflikte mit Eltern zu vermeiden, scheuten sich viele Pädagogen mittlerweile davor, überhaupt noch schlechte Noten zu vergeben. "Dann gibt man lieber eine Vier minus als eine Fünf plus. Auch wenn das dem Leistungstand des Kindes nicht entspricht. Aber so kann man möglichem Ärger aus dem Weg gehen", sagt Balbach.

Auch der Philologenverband hat eine zunehmende Bereitschaft der Eltern festgestellt, gegen Beurteilungen rechtlich vorzugehen. "Lehrer werden zunehmend unter Druck gesetzt, eine gute Note geben zu müssen", sagt der Landesvorsitzende Peter Silbernagel.

Er kritisiert das Verhalten vieler Eltern. "Sie denken, dass sie ihren Kindern damit einen Gefallen tun, wenn sie eine bessere Note einklagen, aber das Gegenteil ist der Fall", sagt Silbernagel. "Der Druck auf die Kinder wird dadurch immer größer, weil sie den weiteren Anforderungen nicht gewachsen sind."

Noch nie so viele Mandanten wie jetzt

Die Beschwerden über die Noten nehmen die Bezirksregierungen auf. Detaillierte Zahlen können die Aufsichtsbehörden nicht nennen. "Sie werden nicht genau erfasst", sagt eine Sprecherin der Bezirksregierung Arnsberg.

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Jörg Sion vertritt seit gut 20 Jahren die Interessen klagender Eltern. Noch nie habe er so viele Mandanten gehabt wie jetzt. "Das liegt auch daran, dass viele Eltern einfach den Misserfolg ihrer Kinder nicht wahrhaben wollen. Stattdessen suchen sie die Schuld bei unfairen Lehrkräften", sagt er.

Eltern und volljährigen Schülern steht bei Noten entweder ein Beschwerde- oder ein Widerspruchsrecht zu. Welches Recht einzusetzen ist, hängt von der jeweiligen Note ab. Die Frist für einen Widerspruch beträgt einen Monat. Danach verfällt der Rechtsanspruch auf eine bessere Note. "Aber längst nicht alle Beschwerden landen vor Gericht, weil sich oftmals eine andere Lösung finden lässt", sagt Sion. Besonders häufig würden Eltern von Gymnasiasten seine Dienste in Anspruch nehmen.

Das Vertrauen in die Kompetenz der Lehrer schwindet

Bei Regine Schwarzhoff, Vorsitzende des Elternvereins NRW, beschweren sich hingegen deutlich mehr Eltern von Grundschülern. "Die Anzahl hat eklatant zugenommen", sagt Schwarzhoff. Eine mögliche Ursache sieht sie im Autoritätsverlust der Lehrer. "Viele Elternteile haben das Vertrauen in die Kompetenz der Pädagogen verloren und zweifeln ihr Urteilsvermögen an."

Besonders Jungen werden nach Ansicht des Elternvereins ungerecht behandelt. "Benotungen und Beurteilungen haben leider auch heute noch oft mit Sympathiewerten zu tun", sagt Schwarzhoff. "Es kommt vor, dass ein Lehrer ein Kind nicht mag und schlecht bewertet, nur weil es etwas lauter ist als die anderen." Viele Beschwerden sind laut Elternverein aber unbegründet. In den meisten Fällen hätten die Lehrer recht mit ihren Beurteilungen, trotzdem werde den Kindern mehr geglaubt als den Pädagogen.

Klaus Kaiser, CDU-Fraktionsvize im Düsseldorfer Landtag, kritisiert die Entwicklung. Der Unionspolitiker fordert deswegen mehr Transparenz bei der Notenvergabe. Lehrer müssten den Eltern und Schülern noch mehr erklären, wie die Note zustande gekommen ist. "Der Austausch zwischen Lehrer und Eltern muss noch intensiver werden, damit Konflikte am Zeugnistag schon im Vorfeld vermieden werden können."

(RP/pst/das)
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