Flutung der U-Bahn-Baugrube ausgesetzt In Köln beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit

Köln (RPO). Die als Folge des Pfuschs beim Kölner U-Bahn-Bau geplante Flutung der unteren Ebene der innerstädtischen Haltestelle Heumarkt ist erstmal ausgesetzt worden. Grund: Der Grundwasserpegel steigt derzeit langsamer als erwartet. Nun arbeitet die Stadt daran, die Flutung möglicherweise komplett zu verhindern.

Kölner U-Bahngrube am Heumarkt
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Kölner U-Bahngrube am Heumarkt

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Der Anstieg des Rheinpegels habe sich von fünf Zentimeter auf einen Zentimeter in der Stunde verringert, sagte der Kölner Stadtdirektor Guido Kahlen am Samstagmittag in Köln. Dadurch habe sich auch der Pegel-Anstieg des Grundwassers von zwei auf einen Zentimeter stündlich verlangsamt. Der Zeitpunkt für eine Entscheidung über eine mögliche stufenweise Flutung der Baustelle Heumarkt wurde nun "auf frühestens Montagabend verschoben".

Um die Flutung vielleicht komplett zu verhindern, plant die Stadt Köln ab Montag, 10 Uhr, eine Zwischendecke in den U-Bahn-Haltestelle zu ziehen. Dafür werden 2850 Kubikmeter Beton benötigt (umgerechnet bis zu 600 Lastwagen). Innerhalb von 24 bis 30 Stunden könnte eine solche Decke gezogen werden. Geplant war der Einzug der Decke eigentlich erst im April.

Wie sich die Stadt entscheidet, hängt stark mit dem weiteren Anstieg des Grundwasserpegels zusammen. Laut Sicherheitskonzept müsse die Baugrube am Heumarkt bei einem Grundwasserspiegel von 39,50 Meter zum Teil geflutet werden, damit der Druck auf die Stützwände nicht zu groß werde. Am Samstagmittag seien noch 91 Zentimeter Luft zu dieser Marke gemessen worden, bei einem langsamen Anstieg des Grundwassers um einen Zentimeter pro Stunde.

Sollte die Decke gebaut werden können, müsste die U-Bahn-Haltestelle nicht bei einem Pegelstand von 39,50 Meter, sondern erst bei 41,50 Meter geflutet werden, was einer Entwarnung gleichkäme, denn dieser Pegelstand tritt nur alle 200 Jahre einmal auf. Alle anderen Haltestellen müssen erst bei einem Pegel von 43,50 Meter geflutet werden.

Auch wenn der Anstieg des Rheinpegels bislang moderat ausgefallen ist, ist die Gefahr für die Tunnel noch nicht gebannt. Für die Moselregion wird mit größeren Niederschlägen gerechnet. Diese "Moselwelle" könne binnen 30 Stunden Köln erreichen, warnte ein Sprecher des Kölner Hochwasserschutzes. Bis dahin muss die Betondecke fertig und ausgehärtet sein.

Auf der Pressekonferenz berichtete Kahlen auch von Anwohnern, die besorgt bei der Stadt anriefen. Viele wollten wissen, ob sie ihre Keller ebenfalls fluten müssten. Die Stadt verneinte dies.

Nur bei ungünstiger Wetterlage müsste nun noch die untere Ebene der U-Bahn-Baustelle Heumarkt bis zur Unterkante einer Zwischendecke mit Grundwasser gefüllt werden, um den Grundwasserdruck auf die seitlichen Schlitzwände des unterirdischen Bauwerks auszugleichen.

Die Stadt versicherte, die weitere Entwicklung der Pegelstände "sorgfältig" zu beobachten. Alle halbe Stunde werden die Pegelstände gemessen und das Risiko für die Baustelle berechnet.

Im Zusammenhang mit den Nachforschungen zur Ursache des Kölner Stadtarchiv-Einsturzes vor einem Jahr nahe der U-Bahn-Baustelle am Kölner Waidmarkt waren zuletzt gravierende Mängel bei dem Tiefbauprojekt bekannt geworden, das zu den größten Deutschlands zählt. Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass in den Schlitzwänden in der Baugrube Heumarkt Stabilisierungsbügel nicht eingebaut wurden, außerdem wurden Messprotokolle offenkundig gefälscht.

Wie der "Spiegel" am Samstag berichtete, haben die Ermittler zudem Hinweise darauf, dass der Pfusch aus Kostengründen an "höherer Stelle" angeordnet worden sei. Der zuständige Baukonzern Bilfinger Berger wies die Vorwürfe demnach zurück.

(mit Agenturen)
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