Böhmer sieht "maßgebliche Fortschritte" Integrationsbericht offenbart Licht und Schatten

Berlin · Fortschritte bei der Kinderbetreuung, Ausbildung und Erwerbsquote: Die Integration der rund 16 Millionen Bundesbürger ausländischer Herkunft geht weiter voran - aber nur schleppend und nicht in jeder Hinsicht zufriedenstellend. Diese durchwachsene Bilanz legt der neue Integrationsbericht nahe, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

In Kleve angekommen: Beispiele für gelungene Integration
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Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sprach von "maßgeblichen Fortschritten", räumte aber auch eine große Kluft zwischen Bürgern mit und ohne Migrationshintergrund ein. Das Echo von Regierung und Opposition fiel zwiegespalten aus.

Vergleichsweise positiv urteilt der Bericht über die Entwicklung an den Schulen. So ist der Anteil der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die die Schule ohne Abschluss verlassen, im Untersuchungszeitraum zwischen 2005 und 2010 um 15 Prozent gesunken.
In der zweiten Einwanderergeneration fällt der Unterschied zu deutschen Altersgenossen in diesem Punkt nur noch relativ gering aus. Nichtsdestotrotz sei der Zugang zu gehobenen Schulzweigen für ausländische Kinder nach wie vor erschwert, heißt es weiter.

Ähnlich das Bild in den Kindergärten: Dort ist die Betreuungsquote von Kindern aus Migrantenfamilien zwischen 2008 und 2010 um ein Drittel gestiegen. Bei den Drei- bis Sechsjährigen besuchen inzwischen 85,7 Prozent der Kinder eine Kita. Im deutschstämmigen Teil der Bevölkerung sind es 94,9 Prozent.

Problematische Situation im öffentlicher Dienst

Positiv ist die Tendenz auf dem Arbeitsmarkt. Dort sank die Quote der Erwerbslosen mit Migrationshintergrund binnen fünf Jahren überproportional stark von 25,1 auf 15,8 Prozent, während sie in der Gesamtbevölkerung von 11,7 auf 7,7 Prozent zurückging. Allerdings wird zugleich vor einem überproportional höheren Armutsrisiko von Menschen mit Migrationshintergrund gewarnt, das mit 26,2 Prozent deutlich über dem der Gesamtbevölkerung mit 14,5 Prozent liege.

Problematisch ist nach wie vor die Situation im öffentlichen Dienst, wo lediglich jeder zehnte Beschäftigte ausländische Wurzeln hat. Dort habe es in den vergangenen Jahren "kaum Entwicklungen" gegeben, konstatiert die Studie. Nur im pädagogischen Bereich sowie an Schulen und Hochschulen seien verstärkt Menschen nicht-deutscher Herkunft eingestellt worden.

Auch beim freiwilligen gesellschaftlichen Engagement fällt die Bilanz ernüchternd aus: Während Zuwanderer und ihre Nachkommen sich im Untersuchungszeitraum tendenziell aus dem Vereinsleben zurückzogen, engagierten sich Menschen ohne Migrationshintergrund eher häufiger als zuvor - hier geht die Entwicklung also auseinander.

Die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Ulla Burchardt, geißelte den Integrationsbericht als "Armutszeugnis und Quittung" für die Verfehlungen föderaler Bildungspolitik. Die SPD-Abgeordnete kritisierte vor allem, dass die Schulabbrecherquote unter Migrantenkindern mit 4,4 Prozent immer noch mehr als doppelt so hoch liege wie bei den übrigen jungen Erwachsenen.

Koalition verteidigt sich gegen Vorwürfe

Grünen-Parteichef Cem Özdemir schloss sich ihrer Kritik an und forderte eine Reform des Schulsystems: Bund, Länder und Kommunen müssten "endlich gemeinsam dafür sorgen, dass in sozial benachteiligten Stadtteilen die besten Schulen entstehen und sich dadurch auch die soziale Durchmischung verbessert".

Die migrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dagdelen, unterstellte dem Bericht Schönfärberei. Böhmer könne nicht verschleiern, dass Migranten doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit, Armut und fehlenden Schulabschlüssen betroffen seien wie die übrige Bevölkerung sagte sie. "Die angeblichen arbeitsmarktpolitischen Erfolge erweisen sich somit als Taschenspielertricks in der Arbeitslosenstatistik oder Vermittlung in prekäre Beschäftigung."

Die Koalitionsparteien wiesen die Kritik zurück und werteten die darin genannten Zahlen vielmehr als Erfolg ihrer Regierungsarbeit. Schwarz-Gelb habe immerhin die Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und Abschlüssen deutlich erleichtert, sagte der Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion, Michael Frieser.

In den Augen des integrationspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, Serkan Tören, zeigt der Bericht deutlich, "dass die Integration in Deutschland auf allen Ebenen weiter Fortschritte macht". Dies zeige nicht zuletzt die gesunkene Arbeitslosenquote unter Migranten.

Als Fortschritt von Integration definierten die Autoren bei ihrer Studie "die Angleichung der Lebensverhältnisse der Personen mit Migratonshintergrund an die der Gesamtbevölkerung". Ihr zweiter Integrationsbericht führt die Erhebung aus dem Untersuchungszeitraum 2005 bis 2007 fort, wodurch langfristige Entwicklungen besser erkannt und in politische Zielsetzungen umformuliert werden sollen.

(APD)
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